Formsache

Fahrbericht Jeep Renegade 1.0 T-GDI

Die kuriosesten Blüten treibt der allgemeine Trend zum kompakten SUV sicher beim FCA-Konzern mit seinen Marken Fiat und Jeep. Man kann das gleiche Auto kaufen und hat dabei die Wahl zwischen unschuldig-prallrundlich oder kantig-wild. Letztere ist die Version, von der dieser Fahrbericht handelt

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Jeep 29 Bilder
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Seit Jahren kann sich kein Autohersteller der Mode mit den hochgelegten Crossover-Produkten entziehen. Beim FCA-Konzern mit seinen Marken Fiat und Jeep treibt der allgemeine Trend zum kompakten SUV aber sicher die kuriosesten Blüten. Man kann das gleiche Auto kaufen und hat dabei die Wahl zwischen prallvergnügt oder kantig-wild – eine reine Formsache.

Während sich der Fiat 500X als Babyface gibt, dem versehentlich eine Erektionshilfspille in den Tank geraten ist, bietet Jeep eine emotionale Variante mit dem ikonischen Seven-Slot-Grille und dem Ärger versprechenden Namen „Abtrünniger“ an.

Wobei an dieser Stelle gesagt sein muss, dass Jeep auch eine ernsthaftere Ausführung mit Offroadfähigkeiten jenseits eines Fiat 500X und aller anderen Kompakt-SUV verkauft. Aber da sprechen wir nicht vom 2WD-Modell mit der Ein-Liter-Einstiegsmotorisierung, über das Sie gerade lesen.

Ein Auftritt mit Folgen

Bleiben wir bei der Form: Die kantige Karosserie hat eine für moderne Verhältnisse ungewohnt steile Windschutzscheibe. So stören die breiten A-Säulen die Sicht weniger als bei einer weit nach vorn reichenden, das viele Blech um die C-Säulen dagegen schon. Ein hohes, fast horizontal verlaufendes Dach und steile Flanken schaffen angenehm viel Platz um Kopf und Schultern, auch hinten. In den vorderen Türen die heute weitgehend ausgestorbenen Dreiecksfenster. Natürlich lassen sich die Glasdreiecke nicht öffnen, das wäre ja noch schöner gewesen. Was mich dagegen irritiert, ist die Verzögerung, mit der die elektrischen Fensterheber auf die Schalter reagieren.

Mit der Ausstattung mit den schnell herausnehmbaren Dachteilen (MySky) macht mir Jeep dagegen eine große Freude. Ich liebe Frischluft im Auto. Bei elektrisch geöffnetem vorderen Teil, das als Schiebedach nach hinten über die Karosserie fährt, stellt sich lautes Rauschen ein. Bei ganz herausgenommenen Dachteilen beginnt ab 90 km/h zudem ein ausgeprägtes Wummern der gesamten Karosse inlusive Türen und Außenspiegeln. Geschlossen bleibt der Jeep leise bis etwa 100 km/h, darüber produziert der Fahrtwind an den Kanten zunehmend hörbare Geräusche.

Neu im Renegade seit August 2018 ist ein Ein-Liter-Dreizylinder mit Turbolader, Direkteinspritzung, Steuerkette und variabler Ventilsteuerung, intern „Firefly” genannt. Die kleinste Einheit aus Fiats Global Small Engine-Familie ersetzt den asthmatischen 1,6-Liter-Ottomotor ohne Aufladung, der es bei mühsam erorgelten 4500/min auf 152 Nm brachte, während der Dreizylinder satte 190 Nm bereits ab lässigen 1750/min herausblubbert. Das vermittelt ein souveränes Gefühl und entspannt den gesamten Fahrstil.

Wahlweise sparsamer Motor

Freilich geht das nicht ohne die für turbogelade Kleinmotoren typischen Ansprechverzögerung, besonders unterhalb 2000/min. Die Schaltempfehlung kommt bei sanfter Beschleunigung ab 1500/min. Damit ist er gut vergleichbar mit dem gleich großen Ford-Dreizylinder mit 125 PS (Test) oder der ähnlich konfigurierten, aber mit 1,2 Litern Hubraum noch kräftigeren Downsizing-Maschine aus dem PSA-Konzern. Die Gangwechsel erledigt man mithilfe einer unpräzisen, aber leichtgängigen Schaltung mit einem stylischen, aber nicht angenehm anzufassenden Schalthebel. Ist der kugelrunde Alu-Schaltknauf kalt, schmerzen einem bei Berührung die Fingergelenke, bei Sonne blendet er manchmal unangenehm.