Deutsche Entwickler: im internationalen Vergleich pessimistisch, aber gut ausgebildet

Laut einer Erhebung des Entwicklerforums Stack Overflow legen deutsche Entwickler im Vergleich zu Kollegen aus anderen Ländern mehr Wert auf stete Fortbildung.

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Deutscher Entwicklerreport: Erfahrener, akademischer, skeptischer als internationale Kollegen

(Bild: Stack Overflow)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Alexander Neumann
Inhaltsverzeichnis

Wie auch in den Vorjahren haben die Betreiber von Stack Overflow, dem weltweit wohl wichtigsten Entwicklerforum, die Daten ihrer großen jährlichen Befragung auf die deutsche Entwicklerszene heruntergebrochen. Die Ergebnisse wurden nun im sogenannten "Stack Overflow Developer Insight Report 2019" veröffentlicht. Demnach ist der deutsche Entwickler männlich, grundsätzlich gut ausgebildet und interessiert, sich weiterzubilden, im Vergleich zu Entwicklern vieler anderer Staaten ist er aber eher pessimistisch eingestellt.

Mit dem Report will Stack Overflow detaillierte Einblicke in die deutsche Entwicklerszene, ihre Zusammensetzung, Wünsche an die Arbeitgeber sowie zu den beliebtesten Programmiersprachen bieten. Datengrundlage des nur in Ansätzen repräsentativen Reports sind die Antworten der wohl über 5300 Teilnehmer aus dem Bundesgebiet, die bei der weltweiten Befragung zusammengetragen wurden.

Wie bei den Ergebnissen vergleichbarer Studien in den vergangenen Jahren ist der prototypische Entwickler in Deutschland männlich (93,6 % männlich, 5,4 % weiblich, 1,4 % divers/inter) und jünger als 35 Jahre. Er hat ein Master-Studium an einer Hochschule absolviert (Deutschland 35,5 % vs. international 25,4 %), verfügt über bis zu neun Jahre Programmiererfahrung (66,8 %) und bildet sich auch außerhalb der formalen Ausbildung fachlich fort (Deutschland mehr als 90 % vs. international 85,5 %). Mehr als 66 Prozent der deutschen Berufsentwickler haben wohl entweder Informatik, Computertechnik oder Softwaretechnik studiert.

Im Vergleich zum Rest der Welt hat Deutschland weiterhin mehr Akademiker und Wissenschaftler und wenig Designer unter den IT-Experten. Mehr als die Hälfte der Befragten ist Backend-Entwickler (51,4 %) und fast 25 Prozent arbeiten an Desktop- und Unternehmenssoftware. Die meisten Entwickler wohnen in Bayern (19,2 %), Nordrhein-Westfalen (16,7 %), Berlin (15,8 %) und Baden-Württemberg (14,9 %).

Rund zwei Drittel der Befragten ist entweder selbstständig oder für Unternehmen mit bis zu 499 Mitarbeiter tätig (66,7 %). Am besten verdienen laut der Studie Entwicklungsleiter (~ 86.000 Euro Jahresgehalt), Site Reliability Engineers (~86.000 Euro), DevOps-Spezialisten (~69.500 Euro) sowie Data Scientists/Analysts (~69.000 Euro), wobei die durchschnittlichen Positionen bei den Spitzenverdienern international wohl einheitlich sind. Am wenigsten verdienen zum wiederholten Mal Spiele- beziehungsweise Grafikentwickler (~55.000 Euro) sowie Designer (~52.000 Euro).

Der Großteil arbeitet zwischen 40 und 44 Stunden die Woche (61,5 %) – das sind laut Stack Overflow rund zehn Stunden mehr als die durchschnittlichen 34,9 Arbeitsstunden aller deutscher Arbeitnehmer.

Stack Overflow befragte die Teilnehmer auch zu den Arbeitsbedingungen. Insgesamt suchen derzeit wohl weniger als 10 Prozent aktiv nach einer neuen Stelle, allerdings sind anscheinend rund zwei Drittel daran interessiert, von neuen Herausforderungen zu erfahren. Mehr als die Hälfte der Befragten hat in den vergangenen zwei Jahren einen neuen Job angenommen. Das deckt sich offenbar mit dem internationalen Vergleich.

Eine störende Arbeitsumgebung (41,6 %) und häufige Meetings (38,5 %) sind für deutsche Entwickler wohl die größten Störfaktoren für die Produktion. Im Vergleich zu den internationalen Befragten bevorzugen Developer aus Deutschland eher flexible Arbeitszeiten (56,1 %) und legen Wert auf das Team, in dem sie arbeiten.

In Deutschland ist die Präsenzpflicht am Arbeitsplatz im internationalen Vergleich anscheinend ein großes Thema: Lediglich 7 Prozent der Befragten – nur halb so viele wie im internationalen Vergleich – arbeiten Vollzeit im Homeoffice. Diese haben außerdem im Schnitt etwa 40 Prozent mehr Programmiererfahrung als ihre Kollegen im Büro. Zwar geben wohl 64 Prozent der Befragten an, lieber im Büro zu arbeiten, allerdings bevorzugt rund ein Drittel der Teilnehmenden das Homeoffice.

Was die Verbreitung von Programmiersprache angeht, so liegen dieses Jahr JavaScript (62,6 %), HTML/CSS (58,9 %), SQL (51,7  %), Java (43,9 %) sowie Bash/Shell/PowerShell (42,6 %) vorne. Zwar befindet sich Rust hier nur auf Platz 21 (4,5 %), allerdings ist es zugleich die beliebteste Sprache unter den deutschen Entwicklern (82 %). Auf den Plätzen zwei und drei folgen TypeScript (75 %) sowie Clojure (74,7 %). Die Befragten, die Scala, Go, Objective-C und Ruby verwenden, verdienen wohl die höchsten Gehälter mit durchschnittlich rund 70.000 Euro im Jahr.

Python ist das dritte Jahr in Folge die Programmiersprache, die von den meisten Befragten zusätzlich noch verwendet beziehungsweise gelernt werden will (19,2 %). Die Bereitschaft zur stetigen Fort- und Weiterbildung ist bei Entwicklern in Deutschland generell wohl besonders ausgeprägt: Mehr als 90 Prozent der Befragten gaben an, sich eine neue Programmiersprache, ein neues Framework oder Werkzeug auch außerhalb ihrer formalen Ausbildung angeeignet zu haben, und rund ein Viertel der Befragten hat bereits an einem Hackathon teilgenommen (23,5 %). Die Mehrheit der Befragten programmiert darüber hinaus auch in ihrer Freizeit (83,3 %).

Neben den fachlichen Themen stellte Stack Overflow auch Fragen zu allgemeinen Anliegen. Trotz der allgemein guten Voraussetzungen gehören die Befragten in Deutschland zu den wohl pessimistischsten im internationalen Vergleich. Auf die Frage "Werden Menschen, die heute geboren werden, ein besseres Leben haben?" antworteten nur 56,2 Prozent der deutschen Developer mit Ja. Zum Vergleich: In China, der Ukraine und Russland sind rund 80 Prozent der Befragten davon überzeugt. Nur Entwickler aus den Niederlanden (55 %), Italien (54,3 %), der Schweiz (52,9 %), Belgien (47,4 %) sowie Frankreich (40,8 %) sind weniger optimistisch als deutsche Entwickler.

Der Report lässt sich gegen Angabe persönlicher Daten herunterladen. Informationen, die sich aus der weltweiten Befragung ergeben haben, stellt Stack Overflow ohne Einschränkungen bereit.

Siehe dazu auf heise Developer:

(ane)