Teamzusammensetzung: "Eine große Pizza sollte für alle reichen“

Gute Teams sind klein, sagt Führungsexperte Niels Van Quaquebeke. Sind sie divers zusammengestellt, können sie besser sein als homogene Gruppen.

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Teamzusammensetzung: "Eine große Pizza sollte für alle reichen“
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Von
  • Peter Ilg
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Einen großen Einfluss auf den Erfolg der Gruppe hat der Vorgesetzte, der Brückenbauer und Experten gleichermaßen schätzt. Das können viele Chefs leider nicht, erklärt Dr. Niels Van Quaquebeke, Professor für Führungs- und Organisationsverhalten an der Hamburger Kühne Logistics Universität, im Interview mit heise online

heise online: Die Aufgaben heute sind häufig so komplex, dass nur noch Teams sie lösen können. Wenn das Team so wichtig ist, dann kann das Ergebnis doch nur gut werden, wenn dessen Mitglieder zusammenpassen.

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Niels Van Quaquebeke: Ja und nein. Wir wissen, dass diverse Teams nicht besser sind in der Aufgabenleistung als homogene Gruppen. Denn Diversität geht mit allen möglichen psychologischen Nebeneffekten einher wie Stereotypisierung oder der Bildung von Minigruppen, die der Aufgabenleistung abträglich sind. Trotzdem ist es so, dass ein diverses Team die Chance erhöht, besser zu werden, als ein homogenes Team, weil unterschiedliche Kompetenzen vorhanden sind, mehr Perspektiven außerdem und vielleicht auch eine bessere Vertretung der Interessen außerhalb der Organisation, etwa durch Vorträge auf Kongressen. Das Zünglein an der Waage in diversen Teams ist die Offenheit für Vielfalt in der eigenen Gruppe.

Was unterscheidet diverse von homogenen Teams?

Homogene Teams sind weitgehend ähnlich in der Zusammensetzung: mittelalte, gesetzte Männer oder junge türkische Frauen zum Beispiel. Diverse Teams sind genau das Gegenteil. Unterschiedlich im Alter, im Geschlecht und wahrscheinlich noch wichtiger, in Ausbildung, Denkweise und Einstellung.

Wie groß sollte ein Team maximal sein und welche Charaktere braucht es?

Drei bis sieben Leute sind optimal, zwölf die Obergrenze. Der Gruppe sollte eine große Pizza als Snack reichen. Kleine Teams können sich leicht untereinander austauschen. Je mehr dazugehören, umso schwieriger wird das. In großen Teams ziehen sich manche zurück, etwa Introvertierte, die sich an Diskussion überhaupt nicht mehr beteiligen. Das Potential wird also schlechter abgerufen. Die optimale Zusammensetzung von Teams hängt insbesondere von der zu bewältigen Aufgabe ab. Fachwissen muss sich nicht decken, es kann auch komplementär sein. Zwischenmenschlich sollte man auf Persönlichkeitsfaktoren wie etwa Verträglichkeit und emotionale Stabilität schauen.

Konkret braucht es gute Kommunikatoren, die sich ordentlich koordinieren, die Informationen und andere Ressource miteinander teilen, die Konflikte offen und konstruktiv ansprechen und die sich gegenseitig Beistand geben.


Wen braucht man nicht im Team?

Egoisten. Dafür umso mehr eine gesunde Mischung an Hard- und Softskills. Denn die aufgabenbezogenen Typen schaffen es nicht immer, miteinander zu arbeiten. Das können personenorientierte Charaktere. Wenn niemand da ist, der das Team zusammenbringt, hilft noch so hohes Fachwissen nichts. Der Führungskraft obliegt es regelmäßig, diese Dualität zu betonen und nicht nebenbei zu bemerken: Ja, wir arbeiten gut zusammen. Das ist zu wenig! Wertschätzung aller im Team ist wichtig, weil jede Kompetenz gleichwertig zum Erfolg oder Misserfolg beiträgt. Ohne zwischenmenschliche Brückenbauer kann Fachlichkeit nicht aufblühen.

Welchen Einfluss sollte die Führungskraft auf ein Team nehmen?

Eine gute Führungskraft ist die, die man nicht merkt. Also sollte sie sich nicht einmischen, wenn es im Team läuft. Wenn es hakt, müssen Vorgesetzte sich selbstverständlich einschalten. Deren wesentliche Aufgabe besteht darin, dem Team zu vermitteln, dass sie nur zusammen die sind, die sie bestenfalls sein können. Diese Metaperspektive fällt Führungskräften im Arbeitsalltag oft schwer, weil sie selbstverständlich eine eigene Präferenz haben und deshalb meinen, dass eine Art richtiger sei als die andere. Ein guter Chef muss lernen, das abzulegen und darüberstehen.

Lässt sich der ewig währende Konkurrenzkampf zwischen Menschen in Gruppen positiv ummünzen?

Grundsätzlich ja. Menschen sind Gruppentiere und bei solchen geht es natürlich um sozialen Status. Wenn es jedoch gelingt, der Gruppe ein Wirgefühl zu geben, also ich-bin-wir-zu-denken, dann verliert Statusgehabe innerhalb der Gruppe an Prominenz. Stattdessen geht es dann darum, dass man mit der eigenen Gruppe besser ist als andere Gruppen. Eine zentrale Führungsaufgabe ist daher Identifikation im Team herzustellen und somit den internen Konkurrenzkampf nach außen zu verlagern. Das sorgt für gesunden Wettbewerb mit anderen Organisationen.

Wie stellt ein Vorgesetzter fest, ob er ein gutes Team zusammengestellt hat?

Ganz einfach: bei den Mitarbeitern nachfragen. Wir haben in Deutschland merkwürdigerweise eine große Hemmschwelle im Nachfragen oder fragen eher den teuren Consultant von außen als die Teammitglieder selbst. Bei intaktem Klima kann der Chef doch offen nachfragen. Und wenn nicht, dann macht man es anonymisiert über eine Plattform. Wenn man dann noch solche Pegelmessungen des guten Miteinanders dokumentiert und zu einem Teil der Beförderungskriterien macht, wird sich das Betriebsklima rasch wandeln, da ein anderer Typus nach oben kommt. So läuft es bei Google.

Damit ein Team funktioniert, muss der Vorgesetzte offensichtlich einiges wissen und können.

Ja. Aber leider werden in Deutschland die befördert, die fachlich gut waren. Nach dem Peter-Prinzip der Spitzenunfähigkeit werden Führungskräfte so lange befördert, bis sie am maximalen Maß ihrer Inkompetenz angelangt sind. Erst dann ist Schluss. Mancher brillante Ingenieur steigt so lange auf, bis man feststellt: Oh, der kann gar nicht mit Menschen umgehen. Dann bleibt er auf dieser Position sitzen und ein schlechter Chef, bis er in Rente geht.

Was sollte anders laufen?

Wir müssen Führung als zuerst zwischenmenschliche Aufgabe ernst nehmen und Führungskräfte nicht einfach ins kalte Wasser stürzen, sondern sie vorbereiten auf ihre neue Rolle. Gute Führung kann man lernen – aber nur, wer Menschen wirklich mag. Wer das nicht tut, wird kein guter Vorgesetzter sein. Denn bei Führung geht es nicht darum, selbst der Beste zu sein, sondern dass man die anderen um sich herum besser macht. (axk)