5G-Mobilfunk: Bundesregierung will weiterhin abhören

Gegenüber dem Bundestag hat sich die Bundesregierung etwas in die Karten blicken lassen, wie 5G-Mobilfunk überwacht werden soll. Einige Fragen bleiben offen.

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5G-Mobilfunk: Bundesregierung will weiterhin abhören

(Bild: Marko Aliaksandr / Shutterstock.com)

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Von
  • Monika Ermert

Weil die Standardisierung des Mobilfunkstandards 5G noch nicht abgeschlossen sei, kann die Bundesregierung laut eigener Aussage noch keine endgültigen Antworten zu den Veränderungen bezüglich der Abhörmöglichkeiten geben. Das steht in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag.

Es werde aber Anpassungen der Technischen Richtlinie zur Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TRTKÜV) in Bezug auf die Datenraten und die Übertragungsweisen geben. Derweil wurde der Idee, dass an den aktuellen Spezifikationen für 5G noch viel zu machen sei, schon vor Wochen widersprochen.

In seinen Ausführungen als Reaktion auf die ausführliche Anfrage des Abgeordneten Andrej Hunko (Die Linke) verweist das Bundesinnenministerium darauf, dass die für aktuelle Mobilfunkstandards bestehenden Verpflichtungen zur Ausleitung von Verkehr auch für 5G weiter gelten. Es bestehe lediglich Anpassungsbedarf wegen der höheren Datenraten. Man werde daher "die bestehenden Schnittstellen zur Ausleitung voraussichtlich hardware- und softwaretechnisch" aufrüsten müssen. Diesbezügliche Vorgaben sollen in der TRTKÜV eingepflegt werden.

Eine weitere Anpassung der TRTKÜV, die das Bundesinnenministerium in Aussicht stellt, betrifft das sogenannte Multi-Access Edge Computing (MEC), bei dem sich Endgeräte ohne Rückgriff auf das Kernnetz verbinden. "Dabei kann es sich auch um die Verarbeitung von Kommunikationsdaten handeln", heißt es in der Antwort. Eine Ausleitung, so warnt das Ministerium, sei hier bislang nicht möglich, und kündigt an: "Mögliche technische Anforderungen zur Sicherstellung einer vollständigen Erfassung und Ausleitung der zu überwachenden Telekommunikation werden erforderlichenfalls in der TRTKÜV zu beschreiben sein." Schon das das European Telecommunications Standardization Institute (ETSI) hatte Lösungskonzepte für diese Szenarien detailliert dargestellt.

Viele der Fragen von Hunko beantwortete das Bundesinnenministerium unter Verweis auf die Bedeutsamkeit für die nationale Sicherheit gleich gar nicht. In seiner Fraktion ist man besorgt darüber, dass in 5G vorgesehene neue Verfahren für mehr Sicherheit im Mobilfunk zum Zwecke der Überwachung wieder untergraben werden.

Bedeckt hält sich die Regierung etwa zur Frage, wie künftig noch IMSI-Catcher eingesetzt werden sollen. Weil IMSI-Nummern künftig verschlüsselt übertragen werden, wird es für die sich als falsche Basisstationen tarnenden IMSI-Catcher unmöglich, Verkehr und Informationen abzugreifen. Hunko nennt diese Heimlichtuerei um die IMSI-Catcher und deren Angreifbarkeit durch 5G schlicht "albern", da schon die EU-Polizeiagentur Europol und der EU-Terrorismusbeauftragte auf das Problem verwiesen hätten. Der Abgeordnete fürchtet derweil, dass im Rahmen des EU-Projekts Catch, in dem das BKA bis 2021 die Genauigkeit von IMSI-Catchern verbessern will, "an neuen Geräten gebastelt (wird), die auch in zukünftigen Netzgenerationen zum Ausspionieren von Handys genutzt werden können."

Dem Überwachungsfortschritt die neuen Möglichkeiten von 5G zur besseren Absicherung von Mobilfunkkommunikation zu opfern, hält Hunko für im höchsten Maß kritikwürdig und warnt, dass die Antworten auf die Anfrage auch belegten, dass neben dem Bundeskriminalamt auch die neue Hackerbehörde ZITiS hierzu auf internationaler Ebene aktiv geworden sei.

Ins Gericht geht Hunko schließlich auch mit einer weiteren "angedrohten" Gesetzesänderung, die absichern soll, dass auch ausländische Verkehre aus Deutschland überwacht werden können, soweit sie über ausländische Netzstrecken verschlüsselt übertragen werden. Dazu gebe es schon jetzt die Europäische Ermittlungsanordnung. Schon dieses Gesetz sei eine unnötige Ausweitung von Überwachung. Jedes weitere Gesetz verbiete sich daher, so Hunko und rät, dass stattdessen auch endlich Datenschützer in internationale Gremien wie dem ETSI gestärkt würden, "um den internationalen Überwachungswahn zu stoppen." (mho)