Klassiker neu gelesen: Arthur C. Clarke‘s July 20, 2019

In seinem Werk beweist der Autor Arthur C. Clarke echten Techno-Optimismus, der ihm bei so mancher Idee auf die Füße fällt.

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Warum Arthur C. Clarke sich ausgerechnet für den 20. Juli 2019 als Stichtag für seine Zukunftsvision entschied, ist ebenso offenkundig wie rätselhaft: Offenkundig, weil sich an diesem Datum zum fünfzigsten Mal die erste Mondlandung jährt. Rätselhaft, weil die Raumfahrt um das Jahr 1986, als das Buch erschien, keinen großen Sex-Appeal mehr hatte. Ohnehin war die Zeit der großen Visionen damals längst vorbei.
Doch genau das macht den Reiz des Buches aus: Mit einem Bein steht Clarke ("2001: Odyssee im Weltraum") noch im Techno-Optimismus der Sechziger, mit dem anderen aber schon im beginnenden Digitalzeitalter. Bei Smarthome, Fernsehen und Kino liegt er ziemlich richtig. Er sagt sogar Ticketpreise von bis zu 15 Dollar vorher. Internet und Smartphones tauchen allerdings nur als Spezialanwendungen für professionelles Arbeiten auf.

Beim Thema Verkehr setzte Clarke übertriebene Hoffnung auf den Transrapid. Andererseits sagt er korrekt voraus, dass Verbrennungsmotoren immer noch den Antrieb von Autos dominieren – eingebaut allerdings in kleine, tropfenförmige Karosserien. Aus damaliger Sicht war das eine zwingende Folge aus dem Trend zu immer effizienteren Fahrzeugen. Wenn aber Käufer abseits aller Logik plötzlich ihre Liebe zu klobigen Geländewagen entdecken, bricht das jeder linearen Prognose das Genick.

Überhaupt fällt Clarke der eigene Optimismus öfters auf die Füße: Er sagt unter anderem Altersheime auf dem Mond vorher, weil es dort weniger Last mit der lästigen Schwerkraft gibt, nebst regelmäßigem Pendelverkehr ins All. Wie hätte er ahnen sollen, dass die USA zeitweise einzig mit russischen Einwegraketen ins All kommen werden. Einen ähnlichen Über-Optimismus zeigt er auch bei der Medizin: Computer machen die Behandlungen für alle erschwinglich und verlängern das Leben. Dass die USA stattdessen immer noch über die Einführung einer obligatorischen Krankenkasse streiten könnten, war für Clarke damals wohl unvorstellbar – ebenso wie der Zusammenbruch des Ostblocks. Hier ist er zur Abwechslung mal übertrieben pessimistisch: Er malt sich aus, wie die Sowjetunion im Jahr 2018 nach einem Arbeiteraufstand in Schwerin den Dritten Weltkrieg anzettelt.

Arthur C. Clarke‘s July 20, 2019: Life in the 21st Century. Macmillan, 1986, 281 Seiten, antiquarisch.

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(jle)