Batterie-Rohstoffe: Eine Frage des Preises

Die Zukunft ist voller Akkus für Autos und das Stromnetz. Die nötigen Rohstoffe dafür dürften vorhanden sein – aber gefördert werden sie nur, wenn sie längere Zeit über teuer genug dafür sind.

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Elektroauto, Akku, Anzeige

Dieser Akku hat noch Saft.

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis

Die elektrische Zukunft hat begonnen – so gut wie jeder Autohersteller will seine Flotte auf Elektroautos umstellen, und weltweit gibt es steiles Wachstum bei Anlagen zur Speicherung von erneuerbar gewonnenem Strom im kleinen (Hausspeicher) und großen (Batterie-Speicherkraftwerke) Maßstab.

Für all das braucht es so viele Akkus, dass manche Beobachter vorhersagen, der enorm wachsende Bedarf an Rohstoffen dafür werde sich nicht mehr lange decken lassen. Doch dieser Eindruck scheint zu täuschen: Laut der angesehenen Beratungsfirma Wood Mackenzie ist in den nächsten fünf Jahren bei keinem der für die Akku-Produktion erforderlichen Rohstoffe echte Knappheit zu befürchten. Auch für die fernere Zukunft sehen die Berater noch genügend Potenzial – allerdings müssten die zusätzlichen Vorkommen rechtzeitig erschlossen werden.

Diese möglicherweise überraschende Einschätzung ist einer Ende Juli veröffentlichten Überblicksstudie über Batterie-Rohstoffe von Wood MacKenzie zu entnehmen. Auf die Nachfrage "Sehen Sie trotz des prognostizierten enormen Wachstums bei Stromspeicherung und Elektroautos tatsächlich mindestens bis 2024 keine echten Versorgungsprobleme bei Materialien für die Batteriezell-Produktion?" antwortete Gavin Montgomery, Research Director des Unternehmens, mit einem knappen "Ja".

Und das liegt nicht etwa daran, dass er deutlich weniger Wachstum beim Akku-Bedarf sehen würde als andere Marktforscher. So rechnet Wood Mackenzie damit, dass der Verkauf von Elektroautos bis 2030 einen Anteil von 14 Prozent an allen Pkw erreichen wird, bis 2040 sogar 38 Prozent. Und für den weltweiten Markt der Stromspeicher erwartet die Beratungsfirma allein bis 2024 eine Verdreizehnfachung des Volumens.

Rapide wachsender Bedarf ist also eindeutig vorhanden. Für Akkus werden vor allem die fünf Rohstoffe Lithium, Kobalt, Nickel, Graphit und Mangan benötigt. Der größten Anteil darin macht schon heute Nickel aus. Aufgrund von Umstellungen bei der Zusammensetzung dürfte seine Bedeutung weiter zunehmen, während von Kobalt, Mangan und Lithium relativ dazu gesehen weniger benötigt wird.

Und mit der Versorgung mit diesen Materialien sieht es zumindest vorerst weniger kritisch aus als bisweilen befürchtet. Bei Lithium etwa sind die Preise laut Wood Mackenzie in diesem Jahr sogar um fast 50 Prozent gefallen, nachdem sie in den Jahren zuvor wegen Spekulationen um zunehmende Knappheit drastisch gestiegen waren. Bis 2030 werde die Nachfrage nach Lithium Jahr für Jahr zweistellig zunehmen, lautet Montgomerys Prognose – doch Produzenten vor allem in Australien seien in der Lage, darauf schnell genug mit Produktionserhöhungen zu reagieren.

Die Prognosen der Beratungsfirma Wood Mackenzie bezüglich der Metall-Nachfrage für Batterien.

(Bild: Wood Mackenzie)

Auch bei Kobalt gab es in 2019 eine Abwärtsbewegung beim Preis, wobei sie nach einem steileren Anstieg ab 2017 drastischer ausfiel als bei Lithium. Mindestens bis 2024 ist hier laut Wood Mackenzie sogar mit einem Überangebot bei den Zwischenprodukten zu rechnen. Problematisch daran sei allerdings, dass die niedrigeren Preise dafür sorgen könnten, dass neue Abbauprojekte abgebrochen oder verschoben werden.

Dies könnte auf längere Sicht tatsächlich dazu führen, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt. Die Kobalt-Branche müsse zur Deckung der Nachfrage ab jetzt im Grunde jedes Jahr ein gänzlich neues Abbau-Projekt ("greenfield") starten, erklärt Montgomery. Dies müsse zum einen finanziert werden, und selbst wenn das gelinge, bleibe die Frage, ob noch genügend geeignete Vorkommen neu entdeckt werden können.

Gemildert, aber nicht gelöst wird dieses Problem durch die Tatsache, dass in der Akku-Branche eine Umstellung auf geringere Kobalt-Anteile begonnen hat. Schon lange hat man sich von dem früher üblichen Mischungsverhältnis "1-1-1" zwischen Nickel, Kobalt und Mangan (NMC) verabschiedet und ist jetzt auf dem Weg zu NMC 811, also 8 Teile Nickel, 1 Teil Kobalt und 1 Teil Mangan.

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Damit sinkt der relative Bedarf an Kobalt als einem Mineral, das vor allem in der Demokratischen Republik Kongo und dort zum Teil unter fragwürdigen Bedingungen gewonnen wird. Auf der anderen Seite wird dadurch noch mehr Nickel benötigt, das auch jenseits des Batteriesektor unter anderem zur Veredelung von Stahl verwendet wird. Laut der Studie von Wood Mackenzie nimmt die Produktionskapazität für Nickel insbesondere in Indonesien zu. Dennoch werde es ab Mitte der 2020er Jahre eine "Herausforderung" sein, genügend Nickel für Elektroautos zu bekommen. Denn auch hier ist der Preis seit Anfang dieses Jahres gesunken, was neue Entwicklungsprojekte ausbremse.

Insgesamt scheint das größte Problem bei der Versorgung mit Akku-Rohstoffen also nicht in mangelnden Vorkommen zu liegen, sondern darin, dass rechtzeitig die nötigen Investitionen in mehr Kapazität vorgenommen werden. Bei Nickel beispielsweise können laut Montgomery vom Start eines Erschließungsprojekts bis zur konkreten Produktion zehn Jahre vergehen. Und leider sind sich Beobachter zwar weitestgehend einig darüber, dass in Zukunft mehr Rohstoffe benötigt werden – aber, so Montgomery, "um Investitionen zu rechtfertigen, brauchen Unternehmen/Banken erst einmal längere Zeit über höhere Preise".

(sma)