Greenwashing – aber richtig

Tim Böltken (34) verwandelt klimaschädliche Abgase in wertvolle Rohstoffe.

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Greenwashing – aber richtig
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Wolfgang Richter

Economy of scale – die Masse macht’s. Dieses Mantra der Industrie hat Tim Böltken bewusst durchbrochen. „Natürlich macht es Sinn, chemische Produktionsanlagen möglichst groß zu planen, wenn ausreichend Rohstoffe vorhanden sind“, sagt er. Doch gerade in der petrochemischen Industrie gibt es unzählige Stellen, an denen Abgase in so kleinen Mengen anfallen, dass sich die Verwertung nicht lohnt. Deshalb lässt man sie entweichen oder abfackeln, wodurch sie den Klimawandel anheizen.

Böltken will die Abgase mit Wasserstoff zu nützlichen Kohlenwasserstoffen machen – Sprit für Autos und Flugzeuge, synthetisches Erdgas oder Wachse für die Kosmetikindustrie. Am Karlsruhe Institute of Technology hat er dazu mit seinen Partnern Paolo Piermartini und Philipp Engelkamp das großindustrielle Fischer-Tropsch-Verfahren miniaturisiert, das 1925 zur Verflüssigung von Kohle entwickelt wurde. Die Reaktoren besitzen dazu hochaktive Katalysatoren mit einer speziellen Mikrostruktur, die eine große Reaktionsfläche bietet. Sie lassen sich in einen Schiffscon­tai­ner einbauen – optimal für den Transport und den dezentralen Einsatz.

Tim Böltken (re.) zusammen mit seinen Geschäftspartnern von Ineratec Philipp Engelkamp (li.) und Paolo Piermartini (Mitte).

(Bild: Ineratec)

2016 gründeten Böltken und seine Partner die Firma Ineratec. Inzwischen beschäftigen sie 27 Mitarbeiter und haben neun Module ausgeliefert. Kunden sind Betreiber von Chemieparks oder Versorger wie die schwei­zerische Energiedienst AG, die in Laufenburg gerade eine Ineratec-Anlage installiert. Mit einer elektrischen Leistung von gut einem Megawatt wird sie bis zu 500.000 Liter E-Diesel pro Jahr herstellen. „Sinn­voll ist das aber nur, wenn der Wasserstoff mit erneuerbaren Energien gewonnen wird“, erklärt Böltken. In Laufenburg stammt der Strom dazu aus dem lokalen Wasserkraftwerk, das Kohlendioxid aus Biogasanlagen.

„Dieser E-Diesel ist quasi flüssiger Strom, der mit wesentlich höherer Energiedichte gelagert und transportiert werden kann als mit Batterien“, sagt Böltken. Weil die Anlagen modular sind, lässt sich ihre Kapazität gut anpassen. So könnte Ineratec zu einem maßgeblichen Baustein der Energiewende werden. Ab 2021 will es die Module in Serie produzieren.

(jle)