Twilios Signal-Event: Experten unter sich

Im Rahmen der Kundenkonferenz Signal hat Twilio einige Neuerungen vorgestellt, vor allem aber Entwickler zusammengeführt.

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Twilios Signal-Event: Experten unter sich

(Bild: Harald Weiss)

Lesezeit: 5 Min.
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  • Harald Weiss
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Die diesjährige Twilio-Kundenveranstaltung "Signal" war erneut ein Stelldichein der Entwicklergemeinde. Laut Twilio arbeiten weltweit rund sechs Millionen Softwareentwickler mit der Twilio-Plattform. Rund 5000 davon trafen sich im August für drei Tage in San Francisco, um nicht nur die aktuellen Ankündigungen aus erster Hand zu bekommen, sondern sich vor allem auch gegenseitig auszutauschen.

"Die News und Keynotes sind durchaus wichtig, aber ich habe gestern mit einem Entwickler über neue Features gesprochen, mit denen bei ihm die Salesforce-Plattform besser an deren Bedürfnisse angepasst werde konnte. Das war hilfreich, denn wir arbeiten ebenfalls mit Salesforce und haben dasselbe Problem, dass viele Businessanforderungen nicht ausreichend abgedeckt sind", erzählte ein Softwareentwickler dem Autor. Diesen Trend bestätigt auch das Twilio-Management. "IT-Anwendungen sind heute entscheidend, wenn es um die Unternehmensdifferenzierung geht – Standardlösungen engen aber den verfügbaren Gestaltungsrahmen stark ein", sagte Steve Sloan, Twilios Chief Product and Marketing Officer.

Schon einen Tag vor dem offiziellen Start trafen sich viele Entwickler zum sogenannten Superclass-Event, das Fachseminare über das Erstellen individueller Unified-Communications-Plattformen mit den Twilio APIs umfasste. Die Referenten kamen unter anderen von Slack, Microsoft Azure, AWS und Gridspace. Anwendungsseitig standen vor allem künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge im Fokus. Die Twilio-Plattform ist besonders auf die zunehmende Mobilität bei IoT ausgelegt. Dazu gehören ergänzende Angebote, wie das sogenannte Super SIM: eine SIM-Karte die in 180 Ländern funktioniert. Twilio hat dafür Kooperationen mit zahlreichen Providern auf der ganzen Welt.

Jeff Lawson bei der Eröffnung der Signal

Softwareentwickler sind die primäre Zielgruppe, an die sich Twilio nicht nur mit der Signal-Veranstaltung, sondern mit all seinen Aktivitäten richtet. "Unser Erfolg basiert darauf, dass die Entwickler uns mögen, weil wir ihnen die Arbeit erleichtern. Sie können mit Twilio schnell Prototypen erstellen, die sie dann dem Management vorführen", erläutert Twilio-CEO Jeff Lawson seine Strategie. Das würde inzwischen sogar so weit gehen, dass Unternehmen vermehrt etablierte Standardpakete wie ERP und CRM durch Eigenentwicklungen ersetzen. Als Beispiel verweist DACH-Chef Andreas Wienold auf die niederländische ING-Bank, die ihr gesamtes Contact/CRM-Paket als Individualsoftware auf Twilio-Basis erstellt hat.

Über die während der Signal-Veranstaltung angekündigten Neuheiten Twilio Conversations, Media Streams und SendGrid hat heise Developer bereits Anfang August berichtet. Weitere News sind das neue Befehlszeilenfenster (CLI). "Grafische Programmiertools sind zwar schick, aber sie sind bei weitem nicht so flexibel und effizient wie eine Kommandozeile", sagte Ashley Roach, Twilios Produktmanager für den Bereich "Developer Interface". Passend dazu gab es auf der Bühne einen Programmierwettbewerb, bei dem zwei Entwickler parallel eine Call-Center-Funktion programmierten. Dass derjenige, der am CLI saß, schneller war als der Nutzer der GUI, versteht sich von selbst.

Eine weitere Neuvorstellung war "Verified by Twilio", eine Art Spam-Filter für eingehende Werbeanrufe – ein Problem, das in den USA immer stärker um sich greift. Einem Bericht des Caller-ID-Providers Hiya zufolge gab es dort im vorigen Jahr über 26 Milliarden Robocalls. In Deutschland betrifft dieses Problem nur Anrufe an Unternehmen, für die die engen Vorgaben nicht gelten, die es bei Privatpersonen gibt. Mit "Verified by Twilio" erhält der Angerufene genaue Informationen darüber, welche Firma anruft und was der Grund des Anrufs ist. Hierzu kooperiert Twilio mit zahlreichen Caller-ID-Providern auf der ganzen Welt. Eigenen Angaben zufolge wurden mit dem neuen Filter bereits über 200 Millionen Spam-Anrufe abgeblockt.

Lawson hat Twilio vor elf Jahren gegründet. Seine Idee war damals, Webanwendungen mit der zu der Zeit noch dominierenden Telefonwelt auf eine einfache Art und Weise zu verbinden. Ursprünglich ging es darum, vor allem Callcenter mit IT-Funktionen aus der Cloud zu unterstützen. Inzwischen hat das Unternehmen über 161.000 Kundenkonten – allerdings besitzen vor allem große Kunden aus Abrechnungsgründen meistens hunderte oder gar tausende Konten. Zu den großen Kunden gehören neben Airbnb, Uber und Lyft noch Box, DocuSign, Coca-Cola und Walmart. In Deutschland war BMW einer der ersten Twilio-Kunden. Der bayerische Autohersteller nutzt die Plattform für das automatische Verschicken von Meldungen des Bordcomputers.

Harald Weiss
ist freier Fachjournalist für die Bereiche Business-IT, Automation und Energie. Er berichtet regelmäßig für iX und heise Developer von Veranstaltungen – überwiegend aus den USA.
(rme)