FinFisher: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen mutmaßlichem Staatstrojaner-Export

Türkische Oppositionelle sollen mit Überwachungstechnik von Finfisher ausgespäht worden sein. Staatsanwälte prüfen auf eine Anzeige hin, was dahintersteckt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
FinFisher: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen mutmaßlichem Staatstrojaner-Export

(Bild: Stock-Asso / shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Die Staatsanwaltschaft München ermittelt, ob das Münchner Unternehmen FinFisher alias Gamma Group illegal Spionage-Software an die türkische Regierung geliefert hat. Die Strafverfolger reagieren damit unter anderem auf Medienberichte aus dem vorigen Jahr, wonach türkische Oppositionelle vor wenigen Jahren offenbar mit Trojanern deutschen Ursprungs ausgespäht worden sind. Dabei soll eine als FinSpy beziehungsweise FinFisher bezeichnete Anwendung der Münchner genutzt worden sein.

Ermittelt wird nach einer Strafanzeige von Anfang Juli, die Netzpolitik.org gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Reporter ohne Grenzen und dem European Center for Constitutional and Human Rights gestellt hat. Informatiker der zivilgesellschaftlichen Organisation Access Now haben dafür anhand forensischer Analysen des gegen die türkische Protestbewegung eingesetzten Spähprogramms und Vergleichen mit älteren bekannten Versionen von FinSpy herausgefunden, dass es sich "aufgrund eklatanter Ähnlichkeiten im Quellcode und in den Metadaten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" um ein FinFisher-Produkt handeln müsse.

Laut einem Beschluss des Bundeskabinetts zur Reform der Außenwirtschaftsordnung von 2015 müssen Exporte von Überwachungssystemen etwa für Sprachtelefonie und zur Vorratsdatenspeicherung zumindest genehmigt und dürfen nicht mehr unkontrolliert ausgeführt werden. Die Bundesregierung teilte im Juni aber mit, dass für die Produktgruppe der Staatstrojaner bislang keine Genehmigungen erteilt worden seien. Der Verdacht lag damit nahe, dass FinFisher die Software rechtswidrig exportiert haben könnte. Autoritäre Regime etwa in Ägypten, Äthiopien oder Bahrain sollen die Überwachungstechnik aus Deutschland ebenfalls bereits eingesetzt haben.

Sollte FinFisher das gleichnamige Programm ohne staatliche Erlaubnis an die Türkei oder andere Länder verkauft haben, droht den zuständigen Mitarbeitern eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Der Fall ist mittlerweile laut Anzeigenstellern beim Zollkriminalamt gelandet, das für Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz zuständig ist und selbst eine Lizenz zum Einsatz von Staatstrojanern hat. Bekannt ist, dass FinFisher das Bundeskriminalamt (BKA) mit einer solchen Spähsoftware beliefert hat. Das Unternehmen wollte sich auf Nachfrage eines Medienteams hin zu dem Vorgang nicht äußern. (anw)