EuGH: Deutsches Leistungsschutzrecht für Verlage nicht anwendbar

Weil die deutsche Regelung für das Leistungsschutzrecht nicht vorab der EU-Kommission übermittelt wurde, ist sie laut EuGH ungültig.

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Leistungsschutzrecht

In der Debatte um das Leistungsschutzrecht geht es darum, ob Internet-Suchmaschinen und automatische Nachrichtensammler Lizenzgebühren an Presseverlage bezahlen müssen, wenn sie Bestandteile von deren Texten verwenden.

(Bild: dpa, Soeren Stache)

Lesezeit: 3 Min.

Das 2013 eingeführte deutsche Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt worden. Es sei nicht anwendbar, da die Bundesregierung den Entwurf nicht vorab an die EU-Kommission übermittelt hatte, stellten die Richter am Donnerstag fest.

Der EuGH war 2017 vom Berliner Landgericht eingeschaltet worden. Auslöser war ein Verfahren, in dem die Verwertungsgesellschaft VG Media Schadenersatz von Google verlangt. Die VG Media vertritt dabei viele Presseverlage in Deutschland. Das Landgericht hatte Zweifel, ob sich die VG Media überhaupt auf die deutsche Regelung berufen könne.

Laut EuGH kann sie dies nicht. Beim deutschen Leistungsschutzrecht handele es sich nämlich um "eine Vorschrift betreffend Dienste der Informationsgesellschaft", also eine "technische Vorschrift“. Bei solchen Regelungen müsse die EU-Kommission vorab "notifiziert" werden. Der EuGH folgte damit der Argumentation seines Generalanwalts Gerald Hogan. Die Bundesregierung war hingegen der Ansicht, dass das Leistungsschutzrecht nicht speziell auf Dienste der Informationsgesellschaft zielte.

Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage war am 1. August 2013 in Kraft getreten. Im August 2014 erteilten etliche Verlage innerhalb der VG Media eine "Gratiseinwilligung" an Google, weil sie sonst nicht mehr mit Snippets dargestellt worden wären. Im Gesetz heißt es, "einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte" dürften von Suchmaschinen frei verwendet werden. Darüber, wie lang ein "Snippet" nach dieser Formulierung sein kann, gibt es nach wie vor Debatten.

Das Thema Leistungsschutzrecht ist damit aber keineswegs vom Tisch: Inzwischen ist mit der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie ein europäisches Leistungsschutzrecht auf den Weg gebracht worden. "Presseveröffentlichungen" werden damit auf zwei Jahre geschützt. Die Regelung soll sich nicht auf Hyperlinks beziehen. "Einzelne Wörter" oder "sehr kurze Auszüge" aus einem Presseartikel dürfen genutzt werden. Bis Juni 2021 muss das in nationales Recht umgesetzt werden.

"Das Urteil heißt im Grunde, dass Google solche Snippets unentgeltlich veröffentlichen kann", betonte Michael Knospe, Medienrechtsexperte im Münchner Büro von Simmons & Simmons. Das gelte, bis die Vorgaben der neuen EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. "Auch über diese Umsetzung wird die Kommission in Kenntnis gesetzt werden müssen."

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Lokalzeitungen (VDL) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) forderten in einer Reaktion auf das EuGH-Urteil, die Bundesregierung müsste nun schnell die europäische Regelung umsetzen. "Wir freuen uns, dass dies nun geklärt ist", erklärte Google am Donnerstag knapp zu dem EuGH-Urteil.

Der Geschäftsführer der VG Media, Markus Runde, betonte, dass die Entscheidung nur den Zeitraum zwischen 2013 und der Verabschiedung der neuen EU-Richtlinie zum Urheberrecht im April 2019 betreffe und forderte ebenfalls eine schnelle Umsetzung in deutsches Recht. "Sollten die Digitalunternehmen sogar das europäische Presseverlegerrecht ignorieren und die Zahlung angemessener Vergütungen an die Presseverleger wiederum ablehnen, wird die VG Media die Rechte der Presseverleger erneut gerichtlich durchsetzen“, bekräftigte Runde.

[UPDATE, 12.09.2019, 14:40]

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(Mit Material der dpa) / (axk)