Was Trumps Konkurrenten gegen den Klimawandel tun wollen

Die Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten haben sich zu einer "Climate Town Hall" getroffen. Die Pläne könnten nicht unterschiedlicher sein.

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Was Trumps Konkurrenten gegen den Klimawandel tun wollen

(Bild: Liv Oeian / shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • James Temple
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Zehn amerikanische Präsidentschaftskandidaten trafen sich Anfang September, um über das Thema Klimapolitik und die Gefahren der globalen Erwärmung zu debattieren. Schon anhand der Dauer der sogenannten "Climate Town Hall" lässt sich ablesen, wie komplex das Thema war: Sieben Stunden sprachen die demokratischen Trump-Herausforderer.

Dass es überhaupt zu der Debatte kam, zeigt, dass sich die Stimmung der Öffentlichkeit in den Vereinigten Staaten verändert hat. Lockte das Thema vor vier Jahren kaum jemanden hinter dem Ofen hervor, versuchen die US-Demokraten nun, sich mit ihren Klimaplänen (und den damit verbundenen Dollar-Budgets) zu überbieten.

Leah Stokes, Juniorprofessorin für Politikwissenschaften an der University of California in Santa Barbara, bewertet die Debatte als "beispiellos". Es sei "unglaublich", dass es Millionen Amerikanern möglich gewesen sei, Präsidentschaftskandidaten über einen ausreichend großen Zeitraum über die Gefahren des Klimawandels sprechen zu hören – und ihre durchaus unterschiedlichen Ideen, wie dagegen vorzugehen ist. Stokes glaubt, dass insbesondere die Bewegung "Sun Rise Movement", eine junge Umweltschutzaktivistengruppe, ausreichend Druck gemacht habe, damit dies passiert – in einer Zeit, in der sich US-Präsident Donald J. Trump aus dem Pariser Klimaabkommen verabschiedet hat. Es zeigte sich allerdings auch, wie weit weg die einzelnen Kandidaten voneinander liegen.

Elizabeth Warren, die Verbraucherrechtsprofessorin von der Harvard University und heutige Senatorin, überraschte einige mit ihrer starken Opposition gegenüber der Kernenergie. Sie wolle den Bau neuer Reaktoren stoppen und die alten auf Dauer abwickeln.

Ihre Konkurrenten sahen das anders, denn die Atomkraft stellt heute rund die Hälfte der CO2-freien Stromerzeugung in den USA. Würde man die Reaktoren abschalten, würde es das Ende fossiler Energieträger bei der Elektrizitätsproduktion in den USA über die nächsten Jahrzehnte stark erschweren. Und damit fluktuierende Energiequellen wie Wind- und Sonnenenergie Kernkraft und fossile Energieträger ersetzen können, bräuchte es eine günstige Langzeitspeicherlösung, um Nachfragespitzen auszugleichen. Die Technik existiert aber noch nicht. Kandidat Cory Booker betonte diesen Punkt: "Die Leute, die denken, dass wir ohne die Atomkraft als Teil des Energiemixes auskommen, kennen die Fakten nicht."

Ein weiterer Kandidat, der Geschäftsmann Andrew Yang, outete sich ebenfalls als starke Stimme für die Kernkraft. Sein Klimaplan sieht denn auch 50 Milliarden Dollar für Forschungszwecke allein für sicherere Reaktoren der nächsten Generation vor.

Yang will auch 800 Millionen Dollar für die Forschung am sogenannten Geoengineering investieren – der Idee, dass sich der Planet mit Hilfe verschiedener technischer Verfahren herunterkühlen lässt, die mehr der Sonnenwärme ins All reflektieren. Sein Plan erwähnt auch "gigantische faltbare Spiegel im All" als mögliche Notfalllösung.

Ob sich Geoengineering wirklich sicher erforschen oder gar einsetzen lässt, wird an den Hochschulen jedoch noch heiß debattiert. Und eine Mainstream-Idee ist die Technik in den Vereinigten Staaten noch lange nicht.

Yang sagte auf der Bühne der Climate Town Hall allerdings, dass seine Weltraumspiegel – die als Lösung bislang nur wenig diskutiert wurden – Teil der Klimadebatte sein sollten. Geoengineering sei zwar nicht sein Hauptansatz. "Doch in einer Krise müssen alle Lösungen auf den Tisch."

Überraschenderweise kam das Thema auch später noch bei der Climate Town Hall aufs Tableau. Alan Robock, ein Professor an der Rutgers University, der eine Liste potenzieller Gefahren der Technik publiziert hat, fragte Booker, was er von der Idee halte. Der antwortete einfach, er wisse noch nicht genug, um sich eine Meinung zu bilden.

Erdgas produziert bei der Stromerzeugung ungefähr die Hälfte des CO2-Ausstoßes von Kohle. Dennoch ist der fossile Energieträger umstritten, wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels geht. Die US Energy Information Administration fand heraus, dass ein Wechsel von Kohle zu Erdgas die CO2-Emissionen reduziert. Aktuell kommt der US-Strom zu 35 Prozent aus Erdgas und zu 27 Prozent aus Kohle.

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Allerdings reduzieren sich die Verbesserungen inzwischen. Wetterbedingungen und wirtschaftliches Wachstum sorgen aktuell für den größten Sprung der amerikanischen Emissionen seit 2010. Erdgas ist hier der Hauptschuldige. Hinzu kommen die problematischen Methanlecks beim Bohren der Quellen – diese sind wohl weit schlimmer als bislang angenommen. Methan ist ein deutlich potenteres Klimagas – zumindest in den ersten Jahrzehnten nach der Freisetzung. Nur eine geringe Zunahme könnte alle Vorteile des Erdgases gegenüber Kohle wieder auffressen.

Die demokratischen Kandidaten zeigten sich unentschieden. Bernie Sanders, Kamala Harris und Elizabeth Warren wollen Fracking verbieten. Der Ex-US-Vizepräsident Joe Biden möchte hingegen nur neue Bohrungen auf Bundesland stoppen, während Konkurrentin Amy Klobuchar Erdgas "für besser als Öl" hält.

Erdgas könnte eine nützliche Langzeitoption sein, wenn die Anlagen zur Stromerzeugung das entstehende CO2 auffangen würden. In der Energiebranche sieht man sich daher NetPower intensiv an, ein Start-up, das ein neuartiges Gaskraftwerk entwickelt, bei dem dies zu wettbewerbsfähigen Preisen möglich sein soll. Dann hätten Versorger eine günstige und hochflexible Energiequelle zu Ausgleich der Unwägbarkeiten bei den Erneuerbaren. Es gibt auch Warnungen, laut denen ein Verbot von Erdgas zu einem neuerlichen Aufstieg der Kohlebranche führen könnte – und Emissionen wieder nach oben treibt.

Doch all das sind bislang nur leere Worte. Klimapläne wie die der demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten müssen erst umgesetzt werden – wenn sie überhaupt auf den Tisch kommen. Zunächst müssen sich die Demokraten einig werden, wer überhaupt gegen Donald Trump antreten soll. Der wiederum sieht wenig Notwendigkeiten für einen Klimaplan.

(bsc)