Mit Virtueller Realität gegen Geburtsstress

Die Erlebnisse von Frauen im Kreissaal sind oft schmerzhaft und können sogar traumatisierend sein. Eine neue Software samt VR-Brille sollen helfen.

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Mit Virtueller Realität gegen Geburtsstress

(Bild: AppliedVR)

Lesezeit: 3 Min.
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Abtauchen in virtuelle Welten – das muss kein Spiel sein. Das kalifornische Start-up AppliedVR hat Inhalte für Virtual-Reality-Brillen geschaffen, die spezifisch darauf abgestellt sind, Menschen in stressigen Situationen zu beruhigen und sogar schmerzen zu lindern. Die sogenannten Relievr-Inhalte bestehen aus positiven Bildern und Stimmungen – und da der Nutzer dank VR-Headset sich quasi aus der Welt "verabschieden" kann, scheint die Technik durchaus zu funktionieren.

Eines der Projekte von AppliedVR ist eine Software für Gebärende. Sie nennt sich "Labor Bliss" ("Geburtsglück") und wurde in Zusammenarbeit mit Melissa Wong, einer Ärztin und Geburtshelferin am Cedars-Sinai Medical Center, entwickelt. Zuvor hatten bereits andere Mediziner mit VR-Technik gegen Schmerzen und Stress experimentiert.

In New York wurde so schon 2016 mit einem Headset im Kreissaal gearbeitet, wie iCNN Business berichtet. Eine Frau, die das System ausprobiert hat, erklärt, sie habe zwar nie vergessen, dass sie sich gerade in den Geburtswehen (und der Geburt selbst) befände, doch die VR-Biilder und eine beruhigende Stimme aus dem Kopfhörer hätten sie beruhigt und ihre Aufmerksamkeit weg von den Schmerzen gelenkt. Sie bekam bei der Geburt weder eine Betäubung noch Schmerzmittel.

Wong hat die AppliedVR-App bereits in einer Studie untersucht, die im August endete. Dabei sollte nachgewiesen werden, dass die VR-Technik einen geringeren Schmerzmitteleinsatz erlauben könnte. insgesamt 80 Patienten inklusive Kontrollgruppe sollten teilnehmen. "Labor Bliss" sei ein "No-Brainer", meint Wong.

Der Ansatz funktioniert, weil er die Betroffenen ablenkt. Schon die Atemübungen, die der Nutzerin durch die VR-Brille beigebracht werden, gelten als hilfreich. Unklar ist noch, ob der Ansatz wirklich auf Dauer hilft oder nur für eine relativ kurze Phase. Dass VR-Bilder etwa bei Zahn-OPs helfen könne – oder bei anderen eher kompakten Behandlungen – ist bereits bekannt.

In zentralen Phasen der Geburt muss die Gebärende das VR-Headset sowieso absetzen – wenn es Zeit wird, zu pressen. Dann brauchen die Ärzte ihre volle Aufmerksamkeit, schon aus Sicherheitsgründen. Im Bereich der Wehenregulierung gibt es allerdings bereits positive Ergebnisse, so zeigte eine Untersuchung an der University of Michigan, dass sich der Schmerzindex reduzierte. Allerdings wurden hierfür nur 27 Versuchspersonen getestet.

AppliedVR bietet neben "Labor Bliss" auch andere Apps, etwa den Ausflug an einen Strand oder Tauchtouren unter Wasser. Dabei gehe es um das Relaxen, aber auch um die Ablenkung, schreibt die Firma auf ihrer Website. Die Virtual-Reality-Plattform biete Patienten die Möglichkeit, "vor angstmachenden oder schmerzhaften Erlebnissen im Gesundheitswesen" zu "fliehen". So genau dürfte der Patient das gar nicht wissen wollen.

(bsc)