Klimarat warnt vor schmelzenden Eismassen – schnelles Handeln nötig

Wenn sich die Erde erwärmt, schmelzen die Eisschilde von Grönland und der Antarktis und lassen den Meeresspiegel steigen. Experten sind alarmiert.

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Klimarat warnt vor schmelzenden Eismassen - schnelles Handeln nötig

(Bild: Ed Dods/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Angesichts immer stärker schmelzender Gletscher und anderer Eismassen mahnen Experten zum raschen Handeln, um schwerwiegende Konsequenzen für Millionen von Menschen zu verhindern. Der Weltklimarat IPCC hat der Politik in seinem am Mittwoch in Monaco vorgestellten Report zur Eisschmelze und den Ozeanen ein verheerendes Zeugnis ausgestellt und zeichnet eine düstere Zukunft, wenn nicht schnell etwas unternommen wird.

Das Papier zeigt auf, dass die menschengemachte Erderwärmung Meere und Eismassen auf unserem Planeten massiv schädigt und dass dies unwiderrufliche Folgen mit sich bringt. So könnten Küstenstreifen und Inseln unbewohnbar werden. Eine besondere Gefahr könne die beschleunigte Eisschmelze in der Antarktis werden, falls das Eis einmal irreversibel instabil werde. Das könnte den Meeresspiegel innerhalb von Jahrhunderten um mehrere Meter steigen lassen. Es sei noch unsicher, ob und wann dies beginne.

Nur eine starke Reduzierung der Treibhausgase, der Schutz der Ökosysteme und der bedachte Umgang mit den natürlichen Ressourcen können eine dramatische Entwicklung eindämmen. In manchen Regionen wie den Tropeninseln und Küsten ist die Existenz ganzer Gemeinschaften auch ohne eine instabile Antarktis durch Überschwemmungen bedroht. In Küstenregionen bis zu zehn Metern Höhe wohnen laut IPCC 680 Millionen Menschen. Auf kleinen Inselstaaten sind es 65 Millionen. Vier Millionen Menschen leben dauerhaft in der Arktis, deren Eis und Permafrostböden in vielen Gebieten tauen.


In Bergregionen werden durch das Schmelzen der Gletscher und das Auftauen dort bestehender Permafrostböden Lawinen, Steinschläge oder Bergrutsche begünstigt. Sind die Gletscher schließlich ganz verschwunden, ist die Trinkwasserversorgung gefährdet. In Hochgebirgsregionen leben 670 Millionen Menschen.

Der Meeresspiegel steigt dem Report zufolge immer schneller an: Der Anstieg sei mit 3,6 Millimeter pro Jahr derzeit doppelt so hoch wie im Schnitt des 20. Jahrhunderts. Während er im gesamten 20. Jahrhundert um 15 Zentimeter geklettert sei, könnte er bei einer starken Erhöhung der Treibhausgase bis 2100 um rund einen Meter steigen.

"Die Ozeane, die Arktis, die Antarktis und die Hochgebirgsregionen scheinen für manche Menschen weit weg", betonte der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee. "Aber wir sind auf viele Arten abhängig von ihnen und werden von ihnen beeinflusst – direkt oder indirekt – sei es durch das Wetter und Klima oder bei Nahrung und Wasser, Energie, Handel, Verkehr, Erholung und Tourismus, Gesundheit und Wohlbefinden, Kultur und Identität.»

Erst Anfang der Woche hatten mehr als 60 Länder in New York beim Klimagipfel zusätzliche Anstrengungen im Kampf gegen die gefährlich schnell zunehmende Erderwärmung versprochen. Die Aktivistin Greta Thunberg hatte die Staats- und Regierungschefs zuvor in einer emotionalen Wutrede beschuldigt, zu wenig zu tun. Deutschland hatte vergangenen Freitag mit dem Klimakabinett der Bundesregierung Eckpunkte für mehr Klimaschutz vorgelegt. Unter anderem enthält es einen Preis auf den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids, jedoch auf niedrigem Niveau. Große Umweltverbände kritisierten die Ankündigungen als nicht ausreichend.

"Es ist zum Weinen, dass diesem erneuten Paukenschlag der Wissenschaft wieder nur ein Flüstern der Politik vorangegangen ist", kritisiert Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland. Deutschland werde mit seinem "Klimapäckchen" keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz und damit zum Schutz der Meere und Gletscher beitragen können. Der WWF fordert, dass den Erkenntnissen der Wissenschaft nun "schnell Meilensteine in Politik und Wirtschaft folgen".

"Der Bericht zeigt einmal mehr deutlich die Dringlichkeit rascher Maßnahmen zur nachhaltigen Verringerung der CO2-Emissionen auf", betont Gian-Kasper Plattner von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in der Schweiz. Doch auch bei sofortiger Umsetzung von radikalen Maßnahmen werden die Veränderungen in den Eismassen der Erde und den Ozeanen lange weitergehen, aufgrund der Trägheit dieser Systeme.

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Die vergangenen, heutigen und zukünftigen Emissionen würden folglich das Klimasystem über Jahrhunderte beeinflussen und unsere Umwelt verändern, so der Experte. Der Bericht zeige auch auf, dass viele der Veränderungen im Eis und in den Ozeanen heute rascher voranschreiten als in der nahen Vergangenheit. "Extremereignisse werden weiter zunehmen, das heißt häufiger auftreten."

Rund 130 Forscher aus 36 Ländern hatten zwei Jahre lang aktuelle Studien zu diesen Themen analysiert und die Auswirkungen des Klimawandels auf Küsten und Inseln, Mensch und Natur in einem Report für politische Entscheidungsträger zusammengefasst. Über die Formulierungen dieses Berichts hatten Delegierte der 195 IPCC-Mitgliedstaaten in Monaco mehrere Tage lang bei der Konferenz des Weltklimarates debattiert und abgestimmt. (mho)