Mesa 19.2 veröffentlicht: Linux-3D-Treiber für neue AMD-Grafikkarten

Durch das neue Mesa werden Linux-Distributionen bald 3D-Beschleunigung bei der AMD Radeon RX 5700 bieten; Intels 3D-Treiber beherrscht bald OpenGL 4.6.

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Pinguine, Linux
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Von
  • Oliver Müller
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Das Mesa-Projekt hat die Version 19.2 seiner Grafikbibliothek veröffentlicht, deren 3D- und Video-Beschleunigungstreiber bei den auf PCs gängigen Linux-Distributionen standardmäßig laufen. Durch die Vielzahl von wichtigen Verbesserungen wird das neue Mesa nicht nur die Hardware-Unterstützung von Debian, Fedora, Ubuntu & Co. deutlich verbessern, sondern auch deren Spieletauglichkeit und Performance erhöhen.

Ein Highlight der neuen Version sind Erweiterungen zur 3D-Beschleunigung mit AMDs neuer Grafikchip-Architektur "Radeon DNA" (RDNA), die im Juli mit der Radeon RX 5700 debütierte. Die in Mesa enthaltenen OpenGL- und Vulkan-Treiber Radeonsi und Radv unterstützen indes nicht nur den dort verbauten Navi10-Chip, sondern auch schon die noch nicht vorgestellten Navi12- und Navi14-GPUs, die AMD offenbar auf weiteren Grafikkarten der 5000er-Serie einsetzen will – darunter wohl auch die noch im Oktober erwartete AMD Radeon RX 5500.

Zum Navi-Support brauchen die zwei Mesa-Treiber indes das AMD-Backend des kürzlich veröffentlichten LLVM 9.0. Ferner muss auch der Amdgpu-Treiber des Linux-Kernels die Chips unterstützen. Der Navi10-Support steckt im Mitte September veröffentlichten Linux 5.3; Unterstützung für Navi12 und Navi14 wurde kürzlich in den Hauptentwicklungszweig des Kernels integriert und sollte sich daher in Linux 5.4 finden, das in der zweiten Novemberhälfte erwartet wird.

Intels neuer, im Frühsommer bei Version 19.1 in Mesa eingeflossener OpenGL-Treiber "Iris" soll nun von Funktionsumfang weitgehend mit dem alten i965-Treiber gleichgezogen sein. Iris nutzt einen moderneren Ansatz auf Basis der Gallum3D-Infrastruktur von Mesa, auf welcher alle modernen Mesa-3D-Treibern aufbauen; außerdem unterstützt der Treiber nur die Grafikprozessoren in Intel-Prozessoren seit der Broadwell-Generation, die mit Core-i-Prozessoren der 5000er-Serie debütierte.

Unter anderem durch diese zwei Eigenschaften ist Iris schlanker als der i965-Treiber und verspricht, ihn in puncto Leistung zu übertrumpfen, wenn er weiter optimiert wird. Indizien deuteten darauf hin, dass Iris bei Mesa 19.3 zum standardmäßig verwendeten OpenGL-Treiber für die von ihm unterstützten Grafikprozessoren werden könnte.

Wie üblich haben die Entwickler zahlreiche der in Mesa enthaltenen 3D- und Video-Beschleunigungs- Treiber optimiert, um die Performance zu steigern. Wie stark die zulegt, hängt stark von Treibern, Anwendung/Spiel und Grafikhardware ab, daher lassen sich nur grobe Aussagen treffen. Der in Mesa enthaltene Radeon-Vulkan-Treiber Radv soll laut einigen Messungen etwa rund 30 Prozent zulegen.

Der Treiber Virgl, mit dem in virtuellen Maschinen (VMs) laufende Linux-Distributionen die 3D-Beschleunigung von Linux-Hosts nutzen können, soll dank einiger Umbauten deutlich schnell arbeiten.

Auch Besitzer älterer Radeon-GPUs dürfen sich über Verbesserungen freuen: Der OpenGL-Treiber R600 unterstützt auf der Radeon HD 5800/6900 nun auch OpenGL 4.5; diese Grafikchips sind aber zum Betrieb vieler Spiele und Anwendungen zu leistungsschwach, die auf diese OpenGL-Version angewiesen sind.

Intel OpenGL-Treiber i965, der die Grafikeinheit aller modernen PC-Prozessoren von Intel unterstützt, hatte bei Mesa 19.2 eigentlich Support für das im August 2017 spezifizierte OpenGL-Version 4.6 erhalten sollen. Support für die nach wie vor neuste Version der 3D-Programmierschnittstelle war seit längerem erwartet worden, hatte den Entwicklern aber einiges an Arbeit gemacht, wodurch deren Umsetzung mehr Zeit als gedacht erforderte – und kam dann für Mesa 19.2 just ein paar Tage zu spät, als das schon auf der Zielgeraden war. Eigentlich hatten die nötigen Änderungen dort trotzdem noch einfließen sollen, aber dazu kam es dann doch nicht. Wenn die Entwickler die Anpassungen nicht mit Minor-Releases wie Mesa 19.2.1 nachreichen, wir daher erst Version 19.3 die aktuelle OpenGL-Version unterstützen.

Stand des OpenGL-Support in Hauptentwicklungszweig von Mesa.

(Bild: Screenshot von mesamatrix.net )

Auch die AMD-Entwickler, die den in Mesa enthaltenen Radeonsi-Treiber vorantreiben, arbeiten bereits eine Weile auf Support für OpenGL 4.6 hin. Wann dieser fertig wird, ist aber noch nicht absehbar. Derzeit unterstützt der Treiber daher weiter nur OpenGL 4.5.

Die Ankündigungsmail und die Freigabehinweise nennen zahlreiche weitere Neuerungen von Mesa 19.2. Dort werden unter anderem einige OpenGL- oder Vulkan-Extensions genannt, die jetzt unterstützt werden; insbesondere die Treiber von AMD und Intel haben weitere gelernt. Außerdem gehen diese Dokumente auch auf die vielen anderen 3D- und Video-Beschleunigungs-Treiber ein, die Mesa mitbringt und von vielen Linux-Distributionen standardmäßig konfiguriert werden.

Wie jedes neue Major Release von Mesa gilt auch Version 19.2 als "Development Release". Auf Stabilität bedachte Anwender sollen laut den Entwicklern vorerst bei der Versionsreihe 19.1 bleiben und auf 19.2.1 warten, das in wenigen Wochen erscheinen soll; erfahrungsgemäß integrieren einzelne Distributionen das neue Mesa bereits vorher. Die Entwickler haben derweil schon mit der Arbeit an Mesa 19.3 begonnen, das in zwei bis drei Monaten erscheinen soll.

[Update, 27.9.2019, 19:30] Text zum Support von OpenGL 4.6 im i965-Treiber korrigiert, denn der hat 19.2 knapp verpasst und soll erst folgen. [/Update] (axk)