KI, 5G und Krypto: Europol warnt vor disruptiven Technologien

Die europäische Polizeibehörde zeichnet in einem Bericht ein recht düsteres Bild, wie neue Technologien die Zukunft von Kriminalität und Strafverfolgung prägen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 36 Kommentare lesen
KI, 5G und Krypto: Europol warnt vor disruptiven Technologien

(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

"Träumen Kriminelle von elektronischen Schafen?" Mit dieser Frage hat Europol eine Analyse überschrieben, in der das europäische Polizeiamt die Auswirkungen "disruptiver" Technologien auf die Bereiche Kriminalität und Strafverfolgung beleuchtet. Es knüpft damit bewusst an den Science-Fiction-Klassiker "Do Androids Dream of Electric Sheep?" von Philip K. Dick an, der als Vorlage für den Film "Blade Runner" diente. Ziel des Berichts soll es zwar sein, gemeinsam mit Partnern aus Politik und Wirtschaft die darin beschriebene düstere Zukunft noch zu verhindern. Viel Stoff für Optimismus bieten die Autoren aber nicht.

"Technologie ist in den vergangenen Jahren zu einem entscheidenden Einflussfaktor auf Kriminalität und Terrorismus geworden", heißt es in dem Papier. Europol erwartet vor allem durch Entwicklungen bei Künstlicher Intelligenz (KI), Quantencomputern und 5G "nachhaltige Auswirkungen auf die kriminalistische Landschaft und die Fähigkeit von Strafverfolgungsbehörden, auf entstehende Bedrohungen zu reagieren".

"Böswillige Akteure könnten KI verwenden, um die Verbreitung schadhafter Inhalte wie Social-Engineering-Angriffe oder Phishing-Mails anzupassen und zu automatisieren", warnt die Behörde. Denkbar sei auch der Einsatz spezieller, auf ihre Interessen zugeschnittener Algorithmen, um automatisiert neue Angriffsvektoren oder Verwundbarkeiten ausfindig zu machen. Mithilfe von KI könnten Übeltäter zudem einfacher Ziele auswählen und gewichten oder auf Änderungen im Verhalten der Opfer reagieren.

Eine "massive Herausforderung für Europa" sei es, wenn Bürger mit Desinformation durch irreführende oder offen falsche Angaben konfrontiert würden. KI könne die Auswirkungen solcher "hybrider Bedrohungen" noch verschärfen, da damit solche Lügen und Propaganda "ohne technische Expertise" massenhaft unters Volk gebracht werden könnte. Trends bei der "Deepfake-Technologie" erhöhten hier zusätzlich die Bedenken. Meldungen zufolge hätten sich Kriminelle solche Verfahren bereits zunutze gemacht. KI dürfte auch dem "traditionellem organisierten Verbrechen" sowie Terroristen in die Hände spielen.

Auch 5G stellt Ermittler vor Probleme, heißt es in dem Bericht. So könnte es mit der kommenden Mobilfunkgeneration etwa schwerer werden, SIM-Karten und ihre Nutzer zu identifizieren sowie im Nachgang zu belauschen oder zu orten. Zudem könnte eine obligatorische Ende-zu-Ende-Verschlüsselung das Abhören zusätzlich erschweren. Auch die anstehende Virtualisierung von Netzen mit dem neuen Standard schmeckt den Ordnungshütern nicht.

Kryptowährungen hat Europol als "großen Treiber von Kriminalität" ausgemacht, da diese anonyme Transaktionen ermöglichten. Straftäter missbrauchten Bitcoin & Co. verstärkt, um ihre Aktivitäten zu finanzieren, zu verbergen oder Geldwäsche zu betreiben. In fernerer Zukunft könnten Kriminelle zudem mithilfe von Quantencomputern herkömmliche Sicherheitsstandards brechen, ausgefeilte Cyberattacken durchführen oder Kommunikationsinhalte entschlüsseln. Andererseits seien neue Verschlüsselungsstandards denkbar, die gefeit seien gegen gängige Abhörverfahren.

Die zunehmende Verfügbarkeit von Techniken für den 3D-Druck bringt laut der Analyse ebenfalls neue Möglichkeiten für Gauner mit sich. Selbstfabrizierte Waffen hätten sich bisher zwar nicht als große Gefahr herausgestellt. "Rapid Manufacturing" werde aber etwa bereits verwendet, um Skimming-Geräte für die Abzocke an Geldautomaten in Eigenregie herzustellen. Künftig könnten solche Verfahren auch dazu dienen, im großen Stil gefälschte Produkte zu fertigen.

Kurz vor Schluss verweisen die Verfasser darauf, dass die Datenexplosion im Internet auch viel Futter für die Fahnder biete und informationshungrige Ansätze wie "Predictive Policing" erlaube. Damit einher geht der Appell an die Politik, insbesondere bei der künftigen Datenschutzgesetzgebung sowie beim Setzen technologischer Normen die Stimme der Strafverfolger zu berücksichtigen. Der Bericht dient als Vorlage für das Treffen der EU-Innenminister am Dienstag in Luxemburg, die auf dieser Basis etwa über ein neues "Innovationslabor" bei Europol sowie die Zukunft des "gesetzmäßigen Abhörens" beraten wollen. (vbr)