Mit CRISPR gegen Sichelzellenanämie

Die Genschere könnte einen Durchbruch bei der Bluterkrankung bringen. Es gibt jedoch noch viele Fragen, wenn es um Sicherheit und Finanzierbarkeit geht.

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Mit CRISPR gegen Sichelzellenanämie

(Bild: Wikimedia Commons)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Mike Orcutt

CRISPR, die Technik, mit der sich das Genom vergleichsweise einfach verändert lässt, könnte sich als vielversprechendes potenzielles Heilverfahren für Sichelzellenanämie erweisen. Erste Tests am Menschen stehen nun bevor.

Allerdings weiß noch niemand, ob das Verfahren wirklich nachhaltig und finanzierbar ist – und natürlich sicher. Und wenn es funktioniert, stellt sich die Frage, ob diejenigen, die die Therapie brauchen, sie auch wirklich erhalten können.

Jetzt, da ein Heilmittel in Sicht ist, sei dies eine dringende Frage, sagt Vence Bonham, leitender Berater des Direktors des National Human Genome Research Institute. Die Sichelzellenanämie ist eine erblich verursachte Bluterkrankung, die weltweit Millionen von Menschen betrifft. Sie verursacht die Produktion von abnormen roten Blutkörperchen und kann zu starken Schmerzen, Infarkten sowie Organ- und Gewebeschäden führen.

Aus wissenschaftlicher Perspektive "ist es eine aufregende Zeit für Menschen", die unter der Krankheit leiden, so Bonham auf der "EmTech"-Konferenz der US-Ausgabe von Technology Review. Forscher testeten eine Technik, die das präzise Genbearbeitungsverfahren CRISPR benutzt, um ein einzelnes Gen, das mit der Krankheit in Zusammenhang steht, zu modifizieren.

Gen-Editiermethoden - eine kleiner Einblick (6 Bilder)

Das System aus CRISPR (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) und der Cas9-Nuklease haben die Molekularbiologinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier 2012 entdeckt. Dank seiner einfachen Handhabe und geringer Kosten erlebt die Gentherapie derzeit ein Revival.
(Bild: Text: Inge WĂĽnnenberg; Grafik: Brian Sipple)

Vom gesellschaftspolitischen Standpunkt her stehe die Methode jedoch gerade erst am Anfang, argumentierte Bonham. Sichelzellenanämie kommt häufiger in bestimmten ethnischen Gruppen vor, insbesondere bei Menschen mit afrikanischer Abstammung. Obgleich rund 100.000 Menschen mit der Krankheit in den USA leben, befinde sich die große Mehrheit der Betroffenen in Afrika, südlich der Sahara, und Indien, sagte Bonham.

Seine Kollegen und er haben kürzlich eine Studie durchgeführt, um die "Einstellungen und Glaubensvorstellungen" zu erforschen, die die Menschen mit der Erkrankung haben – inklusive ihrer Familienmitglieder und Ärzte. Viele, mit denen Bonham und seine Kollegen gesprochen haben, reagierten skeptisch und bezweifelten, dass ein potenzielles CRISPR-basiertes Heilverfahren für diejenigen, die es benötigen, bezahlbar und zugänglich sein wird.

Obwohl sie eine neue Hoffnung bei den Betroffenen feststellten, beobachteten sie auch "warnende, besorgte Untertöne zu dieser Hoffnung", welche teilweise auf Jahrzehnte der "medizinischen Entmündigung der Community mit Sichelzellenanämie" zurückzuführen sei, schlussfolgerten die Forscher.

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Ein Arzt, der für die Studie interviewt wurde, sagte, dass es die Gefahr gebe, dass andere seltene Krankheiten, die dazu tendierten, Menschen "mit mehr Ressourcen" zu betreffen, mehr Aufmerksamkeit und potenziell finanzielle Förderung erhalten könnten. Als Resultat gibt es die Sorge, dass die Bevölkerung mit Sichelzellenanämie auf der Strecke bleiben könnte. Diese Population sei ohnehin bereits skeptisch, weil sie so oft bei anderen Dingen "im Staub liegengelassen worden sind", fügte der Arzt hinzu.

Abgesehen vom Heilmittel selbst, sind also auch bessere und gĂĽnstigere Wege notwendig, "um die Vorteile dieser neuen Technlogie auszuweiten", so Experte Bonham. "Das Potenzial ist groĂź, aber wir mĂĽssen die Frage stellen: Wer wird davon profitieren?"

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