5G: Kanzlerin interveniert für Huawei

Der Regulierer hat die geplanten Sicherheitsauflagen für Netzbetreiber im Hinblick auf chinesische Anbieter entschärft – offenbar auf Druck aus dem Kanzleramt.

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5G: Kanzlerin interveniert für Huawei

(Bild: heise online/vbr)

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Huawei soll nach dem Willen der Bundesregierung offenbar nicht vom Aufbau des deutschen 5G-Netzes ausgeschlossen werden. Das geht aus dem Katalog für Sicherheitsanforderungen beim Netzausbau hervor, den die Bundesnetzagentur derzeit verfasst und im Laufe der Woche vorstellen will. In dem aktuellen Entwurf fehlt übereinstimmenden Medienberichten zufolge eine Klausel aus dem zuvor vorgestellten Eckpunktepapier, die Huawei den Weg ins deutsche 5G-Netz versperrt hätte.

Vor dem Hintergrund des Handelskriegs zwischen den USA und China sowie erheblicher Sicherheitsbedenken und unbelegter Spionagevorwürfe seitens westlicher Alliierter bestehen politische Vorbehalte gegen eine Beteiligung des Ausrüsters Huawei am Ausbau der 5G-Netze. Während die USA und auch einige EU-Länder den Ausschluss von Huawei fordern, setzen Bundesregierung und EU-Kommission bisher auf einen moderaten Kurs: Komponenten für 5G-Netz sollten offengelegt und vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert werden.

So sehen das auch die Eckpunkte für geplante Sicherheitsmaßnahmen für Netzbetreiber vor, die die Bundesnetzagentur im März vorgelegt hatte. Darin war noch eine Klausel vorgesehen, derzufolge beim Aufbau kritischer Infrastrukturen nur "Systeme von vertrauenswürdigen Lieferanten" eingesetzt werden dürften. Diese Einschränkung, die Huawei möglicherweise den Zugang zum deutschen 5G-Netz verbaut hätte, soll so in der aktuellen Entwurfsfassung nicht mehr stehen.

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Vielmehr heißt es laut übereinstimmenden Berichten von Handelsblatt und dpa nun, dass Lieferanten ihre Vertrauenswürdigkeit nur zusichern müssen. Dabei habe "vor allem eine Intervention des Kanzleramts eine schärfere Fassung der Anforderungen verhindert", berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Quellen in den beteiligten Ministerien. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fürchte ein Zerwürfnis mit China.

Ein Regierungssprecher sagte dazu am Montag in Berlin, beim Ausbau des Mobilfunknetzes sei die Sicherheit ein sehr hohes Gut. Grundsätzlich sei der Ansatz unverändert so, dass kein Unternehmen von vornherein ausgeschlossen werde. "Aber wir stellen einen Katalog erweiterter strenger Sicherheitsanforderungen auf. Dem muss jeder, der beteiligt werden will, Folge leisten – bei ständiger Überprüfung der Sicherheit der Systeme." Huawei wollte sich zu den Berichten nicht äußern.

Während es in der Politik quer durch das Parteienspektrum deutliche Vorbehalte gegen Huawei gibt, wollen die Netzbetreiber nicht auf Technik des chinesischen Ausrüsters verzichten. Huawei ist der größte Lieferant von Mobilfunknetztechnik und gilt bei 5G als Technologieführer. Den Ausfall von Huawei könnten die anderen großen Ausrüster – zuvorderst Ericsson und Nokia – kaum kompensieren. Der 5G-Ausbau würde länger dauern und teurer werden, argumentieren die Netzbetreiber.

Auch Ericsson äußert Kritik an den Plänen. Der schwedische Ausrüster hält nicht viel von der Idee, den Quellcode der Software der verschiedenen Netzkomponenten offenzulegen. "Ich halte die Offenlegung von Quellcodes nicht für den richtigen Ansatz", sagte Ericsson-CTO Erik Ekudden dem Handelsblatt. In Mobilfunknetzen müssten so häufig Updates eingespielt werden, dass es nicht praktikabel sei, vorher die Quellcodes von Behörden untersuchen zu lassen. "Das Offenlegen von Quellcodes würde nur ein falsches Verständnis von Sicherheit suggerieren."

In der vergangenen Woche hatte die für Netzwerk- und IT-Sicherheit (NIS) zuständige Gruppe der EU-Mitgliedsstaaten einen Bericht zu Risiken im künftigen 5G-Mobilfunk vorgelegt. Darin kommen China und Huawei zwar nur am Rande vor, sind zwischen den Zeilen aber durchgehend präsent. Der Bericht warnt vor "Bedrohungen, die von Staaten oder staatlich-gestützten Akteuren ausgehen", die dazu fähig seien, "andauernde und ausgefeilte Attacken auf die Sicherheit von 5G-Netzwerken auszuführen".

Der Entwurf der Bundesnetzagentur wird, sobald er veröffentlicht wurde, dann noch mit den beteiligten Unternehmen und Verbänden abgestimmt. Die Regeln könnten danach Ende des Jahres oder Anfang 2020 in Kraft treten.

Update 16.10.2019: Regierungssprecher Steffen Seibert hat der Darstellung des Handelsblatts widersprochen: "Unseres Wissens hat es in keiner der Entwurfsfassungen eine solche Verbotsklausel gegeben, deswegen hat es auch keine Intervention den Bundeskanzleramts gegeben, um die von der Bundesnetzagentur entworfenen Sicherheitsanforderungen abzumildern.“ (vbr)