Straßentest: Viele Diesel überschreiten Grenzwerte

Unter realen Bedingungen stoßen viele Dieselautos mehr Stickoxide aus, als im Labor gemessen und erlaubt. SUVs gehören zu den größten Verschmutzern.

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Dieselfahrverbotsschild in der Stadt

(Bild: Shutterstock/RikoBest)

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Die in der EU seit September 2017 verbindlichen strengeren Vorgaben für Tests von Kraftfahrzeugemissionen unter realen Fahrbedingungen ("Real Driving Emissions") lassen zahlreiche Dieselautos auch deutscher Hersteller schlecht aussehen. Bei 50 Automodellen hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) auf der Straße einen teils deutlich höheren Ausstoß von Stickoxiden (NOx) festgestellt, als am Prüfstand gemessen und erlaubt. Damit überschreiten 65 Prozent der getesteten Baureihen die Grenzwerte.

Die Zahlen stammen aus einer Auswertung von größtenteils unstrukturierten Daten der Behörde, die der rbb auf Basis einer Informationsfreiheitsanfrage nach mehreren Anläufen und dem Einleiten rechtlicher Schritte erstritten hat. Selbst hat das Amt die Prüfergebnisse noch nicht veröffentlicht und sie auch dem Verkehrsausschuss des Bundestags bisher vorenthalten. Dem Bericht zufolge beruht das einbezogene Material aus 189 Tests im realen Fahrbetrieb.

Den höchsten NOx-Ausstoß hat das KBA demnach 2018 bei einem VW Touareg 3.0 TDI (245 PS) mit 2769 Milligramm (mg) pro Kilometer gemessen. Dieses zwischen 2010 und 2014 und damit noch vor dem Volkswagen-Abgasskandal gebaute SUV-Modell gilt als mit der älteren Norm Euro 5 zugelassen. Danach darf das Auto eigentlich nur 180 mg NOx/km ausstoßen. Gemessen wurde dies allerdings lange Zeit vor einer Zulassung nur im unrealistischen NEFZ-Messverfahren rein im Labor.

Bei einer über 90 Kilometer langen Testfahrt bei winterlichen 4,3 Grad Außentemperatur hat die Behörde auf der Straße sogar eine Belastung mit mehr als 3000 mg notiert. Für Experten ein Hinweis darauf, dass die Abgasreinigung dieses Typs bei niedrigen Temperaturen nicht wirke. Auch die einbezogenen Euro-5-Diesel Audi A8 4.2 TDI, das Fiat Ducato Wohnmobil 2.3, der VW Passat 2.0 TDI sowie die Mercedes-Benz NCV3-Sprinter M1 und N1 verursachten im realen Fahrbetrieb NOx-Emissionen weit über dem Grenzwert für diese Kategorie von 180 mg/km.

Aber auch Diesel mit der moderneren Abgasklasse Euronorm 6 stoßen der Analyse nach teils extrem viele gesundheitsschädliche Stickoxide aus. Der SUV Subaru Outback 2.0l 110 kW hat im KBA-Test im Schnitt 2276 mg NOx/km in die Luft geblasen. Axel Friedrich von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bezeichnete es gegenüber dem Sender als "völlig inakzeptabel", dass ein solches Fahrzeug weiterhin auf der Straße herumfahren und die Luft verpesten dürfe. Eigentlich darf diese Abgasklasse nur 80 mg/km ausstoßen.

Platz 2 der Euro-6-Stinker belegt der Mini-SUV 500x von Fiat, der laut KBA im Schnitt bei acht verschiedenen Messfahrten knapp 1221 mg/km abgibt. Weitere geländegängige Fahrzeuge wie ein Porsche Macan, ein Ford Kuga, ein Audi Q7 oder ein Nissan Navara reißen die Grenzwert-Latte ebenfalls deutlich. In diese Kategorie reiht die Behörde zudem Limousinen wie den Mercedes-Benz C200 1.6l oder den Ford Mondeo 2,0I TDCi 110kW ein, zudem Lieferwagen wie den Fiat Ducato 2.3L, den Mercedes-Benz Vito 190 CDI 1,6l oder den NCV3-Sprinter M1 OM651 aus dem Hause Daimler.

Bei den modernsten Abgasklassen Euro 6c und Euro 6dtemp bekommen die Hersteller die Abgasreinigung dem Bericht nach dagegen offenbar in den Griff. Alle 13 überprüften Modelle hätten auf der Straße weniger als 80 mg/km ausgestoßen. Der VW Touareg 3.0 TDI habe sich gar vom Saulus zum Paulus gewandelt: Die 6d-Temp Version komme im Schnitt über drei Testfahrten auf nur noch rund 32 mg/km. (vbr)