Leben mit Robo

Kontrolliere ich den Roboterstaubsauger oder kontrolliert der Robotersauger mich?

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Seit kurzem haben wir einen neuen Mitbewohner: einen Roboter-Staubsauger. In unserem aktuellen Heft hat die Roboterforscherin Kate Darling beschrieben, wie Roboter quasi "evolutionäre Knöpfe" drücken, die Menschen dazu bringen sie für lebendig zu halten.

Der Schlüssel sind die autonomen Bewegungen, die Roboter machen. Menschen neigen dazu, ihnen dann sofort "Agency" zuzuordnen, einen eigenen Willen, bestimmte Absichten. Das ist ziemlich tief im menschlichen Betriebsystem vergraben. Denn die Unterscheidung zwischen Lebewesen und unbelebten Gegenständen war evolutionär extrem nützlich: Lebewesen haben sich erfahrungsgemäß öfter als gefährlich erwiesen, als unbelebte Gegenstände.

Aus eigener Erfahrung kann ich jetzt bestätigen, dass dieser Mechanismus hervorragend funktioniert.

Die ersten Generationen von Saugrobotern folgten einfach einem Zufallskurs. Wenn sie irgendwo gegen gestoßen sind, haben sie sich ein wenig gedreht, und sind wieder weiter vorwärts gefahren. So lange, bis das nächste Hindernis auftauchte. Das ist erstmal eine gute Idee, denn es funktioniert mit sehr begrenztem technischen Aufwand recht gut. Das Verfahren hat aber zwei Nachteile: Es ist nicht sonderlich effizient, und wenn der Roboter sich in einer Sackgasse verfahren hat, findet er da oft nicht wieder alleine raus.

Und in vielen Wohnungen gibt es viele Sackgassen: Stühle, Tische, die zu eng an der Wand stehen, Sofas, Regale etc.

Modernere Saugroboter können autonom navigieren. Sie schauen sich mit Hilfe von Sensoren die Umgebung an, machen einen Plan für die optimale Reinigung, und arbeiten den dann ab. Für die Nerds: Das zentrale Verfahren nennt sich SLAM. Das hat nichts mit Dichter-Wettbewerben zu tun, sondern mit "simultaner Lokalisierung und Erstellung einer Karte". Technische Details sind jetzt hier nicht so wichtig – aber durchaus faszinierend.

Das Spannende dabei ist, dass der Roboter bei dieser Methode eine Karte seiner Umgebung erstellt, und dann beim weiteren Herumfahren ständig seine Sensordaten mit dieser Karte abgleicht. Die Karte wird also ständig aktualisiert. Wenn man zwischendurch Hindernisse wie Stühle verrückt, bleibt der Roboter stehen – sicherer Modus – und berechnet eine neue Route – logisch, denn das Modell der Welt hat sich ja verändert.

Technisch alles nachvollziehbar, aber jetzt sind wir wieder bei den evolutionären Knöpfen. Ich stehe vom Tisch auf und rücke den Stuhl nach hinten, weil ich der Maschine Platz machen will. Irgend jemand muss ja die Hausarbeit machen. Robo bleibt stehen – und das sieht nun original so aus, als ob die Kiste kurz in tiefes Nachdenken verfällt, bevor sie dem neuen Hindernis ausweicht. Putzig ist auch, dass das Teil zu enge Durchgänge erkennt. Und wenn Du denkst: Gleich fährt er sich fest, legt er einfach den Rückwärtsgang ein, und kriecht sozusagen aus dem Gang wieder raus. Und wenn er zwischendurch neue Energie braucht, schleicht das Teil mit angeschalteter roter Warnlampe im Schneckentempo zurück zur Ladestatation als wolle er sagen: Alter, jetzt bin ich aber erstmal geschafft. Ich kann das gut verstehen. Geht mir auch immer so.

(wst)