Digital-Gipfel: Hoffnung auf Plattformen und mehr Akzeptanz

Neue online-Plattformen sollen Deutschland digitaler und grĂĽner machen und einen Gegenentwurf zu den US-Konzernen herstellen. Noch fehlen Standards.

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Digital-Gipfel: Hoffnung auf Plattformen und mehr Akzeptanz

(Bild: Peshkova / shutterstock.com)

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Von
  • Torsten Kleinz
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Mit gezielten Förderungen und offenen Schnittstellen sollen die deutsche Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft fit gemacht werden für die Digitalisierung. Beim Digital-Gipfel der Bundesregierung, der am Montag in Dortmund begonnen hat, dreht sich alles um die Frage: Wie kann man solche Plattformen erfolgreich etablieren?

Dass Deutschland gerade in Sachen E-Government noch hinterherhinkt, wird auf dem Digital-Gipfel kaum in Frage gestellt. Dennoch zeigen sich die Beteiligten optimistisch, den Rückstand aufholen zu können, wenn man nur die Zeichen der Zeit richtig erkenne. Über millionenschwere Förderprogramme werden etwa derzeit Projekte zur Etablierung von "Smart Cities" gesteckt, bei denen Kommunen ihr Verwaltungshandeln für die Bürger stark vereinfachen wollen.

Problem dabei: Wessen Daten werden für was verwendet und wie kann verhindert werden, dass der Mensch wie in China zum Zahlenwert wird? Professor Wolfgang Schröder von der Universität Würzburg plädierte für ein bürgerschaftliches Modell, bei dem der Bürger selbst den Vorteil darin sieht, zumindest einige Daten freizugeben, um etwa bessere Lösungen im Verkehr oder bei der Besteuerung zu ermöglichen.

"Aus datenethischer Sicht ist die digitale Souveränität vielleicht das wichtigste", erklärte Schröder. Dabei gehe es jedoch nicht darum, das Internet entlang von Ländergrenzen zu fragmentarisieren, sondern den Bürger zum Subjekt und nicht nur zum Objekt der Datenverarbeitung zu machen. Dies könne sogar populistischen Bestrebungen in der nationalen Politik entgegenwirken, da sich die Bürger untereinander in ihren Städten um Ausgleich und praktikable Lösungen kümmern würden.

Einen Masterplan für die Digitalisierung der Verwaltung gibt es dabei nicht. "Derzeit ist es ein großes Live-Experiment", erklärte Fritz Rettberg, der als CIO die Digitalisierung der Gastgeberstadt Dortmund vorantreibt. So hat die Verwaltung gerade eine eigene GmbH gegründet, die Leuchtturmprojekte übernehmen soll. Wichtig dabei sei es, nicht nur aus den gelungenen Vorreiter-Projekten zu lernen, sondern auch zu akzeptieren, wenn Entwicklungen fehlgeschlagen sind. Beim Digital-Gipfel wurde etwa das Projekt De-Mail als Beispiel eines Dienstes präsentiert, bei dem die Verwaltung nicht an die Bedürfnisse des Bürgers gedacht hatte.

Nun wird eher der gegenteilige Ansatz verfolgt. So könnte sich Rettberg eine Single-Sign-On-Lösung vorstellen, bei dem sich ein Dortmunder Bürger zuerst für kommunale Dienstleistungen einloggt, aber mittelfristig auch auf Systeme des Landes oder gar des Bundes zugreifen kann. Ein Vehikel dahin könnte etwa die staatliche Cloud-Lösung Gaia X sein, die Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier morgen in Dortmund vorstellen will. Haben die Kommunen die Gelegenheit, ihre Daten und Services auf der gemeinsamen Infrastruktur abzulegen, könnten hier viele Synergien geschaffen werden. Potenzial gibt es genug. So schilderten Fachleute aus der Verwaltung, dass unterschiedliche Ämter oft mit den gleichen Daten arbeiteten – die aber in unterschiedlichen Qualitätsstufen mehrfach erhoben würden.

Ein erster Anwendungsfall für die dringend benötigte Digitalisierung ist der Breitbandausbau an sich. So beklagen die Provider in einem eigenen Bericht zum Digital-Gipfel, dass ihnen beim Ausbau von Festnetz und 5G-Mobilfunk unnötig Steine in den Weg gelegt werden. Hier wollen Rheinland-Pfalz und Hessen im kommenden Jahr mit einer neuen Anwendung online gehen, die den Genehmigungsprozess für den Breitband-Ausbau zentralisieren soll. Ziel ist es, dass die Genehmigungszeiten, die heute mehrere Jahre beanspruchen können, deutlich schneller erledigt werden könnten.

Allerdings beißt sich eine solche Plattform mit dem Ziel, die Mitbestimmung der Bürger zu vereinfachen. Denn überall im Bundesgebiet gibt es Bürgerinitiativen, die sich gegen die Ausbaupläne von Providern aussprechen und den Neubau von Mobilfunkmasten verhindern wollen. Verwaltungsfachleute erhoffen sich, dass eine bessere Kommunikation der Vorteile einer besseren Vernetzung solchen Widerstand reduzieren könnte.

Ein anderer Anwendungsfall ist etwa die Mobilität, die oft in den Händen kommunaler Unternehmen liegt. Zwar erkennt die Branche hier insgesamt Handlungsbedarf, aber nicht immer bei sich selbst, wie etwa Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verband Deutscher Verkehrsunternehmen schilderte. Bremsklotz sind hier zum einen die komplexe Tarifstruktur, der mehr als 1000 Verkehrsunternehmen. Zum anderen will kaum ein Unternehmen die Daten der eigenen Kunden aufgeben.

Als praktischste Lösung erscheint allen Beteiligten eine übergreifende Lösung, bei der sich jeder Beteiligte als Verkäufer für die gesamte Verkehrskette engagieren kann. So hat Autovermieter Sixt etwa Sharing-Anbieter und E-Scooter in seine Plattform integriert. Und auch kommunale Unternehmen streben immer mehr danach, alle in ihrem Gebiet verfügbaren Verkehrs-Optionen zu integrieren.

Damit diese Lösungen aber breit akzeptiert werden, fehlt es noch an durchgreifenden Standards zwischen den unterschiedlichen Unternehmen. Auch müsse an der Qualität gearbeitet werden, so dass Reisende auf dem Weg quer durch Deutschland nicht plötzlich von Verspätungen und Planänderungen überrascht werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ein "The winner takes it all"-Ansatz wie bei den Hotel-Buchungsseiten vermieden werden soll. Denn das Geld für horrende Provisionszahlungen eines Monopolisten wollen die Verkehrsunternehmen nicht bezahlen. (emw)