Hongkong-Skandal auf der Blizzcon: Proteste und eine Entschuldigung

Der Skandal um den Hongkonger E-Sportler "blitzchung" war auch auf der Blizzcon noch zu spüren. Trotz Entschuldigung von Blizzard protestierten Fans.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Hongkong-Skandal auf der Blizzcon: Proteste und eine Entschuldigung

(Bild: Screenshot Youtube/IGN)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Simon Koenigsdorff

Bevor die Blizzcon am vergangenen Wochenende beginnen konnte, galt es für Blizzard-CEO J. Allen Brack zunächst, den Elefanten im Raum zu thematisieren: Den Umgang des US-Spieleherstellers mit dem Hongkonger E-Sport-Profi Ng Wai "blitzchung" Chung, der wegen seiner live gestreamten Solidarisierung mit der Protestbewegung in Hongkong gesperrt worden war. Noch bevor die Hausmesse in Anaheim mit ihren zahlreichen Neuankündigungen tatsächlich begann, trat Brack alleine auf die Bühne und entschuldigte sich: "Wir haben den hohen Standards, die wir uns selbst setzen, nicht entsprochen. Wir haben unser Ziel verfehlt. Das tut mir leid und ich übernehme die Verantwortung." Er betonte außerdem, dass man keine Meinungsäußerungen unterdrücken wolle und dass Blizzard eigentlich dafür stehe, Menschen aus aller Welt in ihren Spielen näher zusammenzubringen.

Das hielt einige Besucher der Blizzcon jedoch nicht davon ab, ihren in den sozialen Netzwerken angekündigten Protest tatsächlich zur Messe zu tragen. Vor dem Eingang verteilten ein paar Dutzend Demonstranten Flugblätter und kostenlose T-Shirts mit Pro-Hongkong-Aufdrucken. So war häufig die Heldin Mei aus Blizzards Shooter "Overwatch" als Protestsymbol mit Gasmaske und Regenschirm zu sehen; auch Chung selbst posierte mit einem der T-Shirts auf Twitter. Im Overwatch-Universum hat Mei chinesische Wurzeln. Einige Besucher trugen außerdem Winnie-Puuh-Kostüme – in Anspielung auf den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, dem Ähnlichkeiten mit dem Cartoon-Teddybären nachgesagt werden.

Dass die Sperre von "blitzchung" und weiteren Spielern erhalten bleibt, sahen die Demonstranten kritisch. Die Entschuldigung zu Beginn der Blizzcon sei ein guter Schritt gewesen, sagte Demo-Organisator Charles Lam vom Hongkong-Forum Los Angeles der Deutschen Presse-Agentur. "Nach der Entschuldigung muss er aber auch entsprechende Taten folgen lassen."

Der Vorfall Anfang Oktober, bei dem "blitzchung" in einem Interview im Livestream eines Hearthstone-Turniers mit Gasmaske und Skibrille aufgetreten und "Befreit Hongkong, Revolution unserer Zeit" gerufen hatte, sorgte für einen großen Eklat. Blizzard sperrte den Spieler zunächst für ein Jahr und entzog ihm sein Preisgeld, doch die Community reagierte mit massiven Protesten. Andere Spieler und Kommentatoren solidarisierten sich, ein US-College-Team wurde ebenfalls für eine Protestaktion bestraft und auch von hochrangigen US-Politikern musste sich Blizzard heftige Kritik gefallen lassen. Sogar die eigenen Mitarbeiter organisierten Kundgebungen vor dem Firmengebäude. Der Vorwurf: Blizzard beuge sich vorauseilend chinesischen Interessen, um seine Geschäfte dort nicht zu gefährden, und statuiere nun an dem Hearthstone-Profi ein Exempel.

Später reduzierte Blizzard die Sperre auf ein halbes Jahr, gab "blitzchung" sein Preisgeld zurück und rehabilitierte auch die beiden entlassenen Kommentatoren, die das Interview geführt hatten. Brack beharrte in einem Statement jedoch weiterhin darauf, man habe Chung nicht wegen seiner politischen Haltung gesperrt, sondern die eigenen Regeln erlaubten generell keine politischen Äußerungen bei Turnieren.

Auf der Messe selbst kündigte Blizzard unterdessen den lang erwarteten vierten Teil der Diablo-Serie, einen Nachfolger für Overwatch sowie mit "Shadowlands" eine neue Erweiterung für World of Warcraft an. Und während "blitzchung" noch kurz vor Beginn der Messe und trotz seiner Sperre demonstrativ von der amerikanischen E-Sports-Organisation Tempo Storm unter Vertrag genommen worden war, gewann bei der auf der Blizzcon ausgetragenen Hearthstone-Weltmeisterschaft erstmals eine Frau den Titel – die 23-jährige Xiaomeng “VKLiooon” Li aus China. (Mit Material der dpa) / (siko)