Post aus Japan: Bröckelt Googles Kartenmonopol?

In Asien entstehen neue Herausforderungen für die Maps-App des Onlineriesen – von großen wie kleinen Anbietern.

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Überlebensgroßes Modell des roten Zielpunkts aus Google Maps

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Ich gestehe es: Ich habe schon viele Karten-Apps ausprobiert. Aber bisher bin ich immer wieder darauf zurückgefallen, Alphabet mit meinen Daten für die Nutzung von Google Maps zu bezahlen. Aber in den vergangenen Monaten und Wochen bin ich mehreren Versuchen über den Weg gelaufen, die Googles Vormacht in der Navigation herausfordern wollen.

Über Japans digitales 3D-Karten-Joint-Venture "Dynamic Map Platform" habe ich schon häufiger berichtet. In dem haben japanische Kartenanbieter, Autohersteller und Technikkonzerne gemeinsam Vermessungstechnik und -standards für hochpräzise 3D-Karten entwickelt, die autonomen Autos als genaue Grundlage für deren Orientierung dienen sollen. Denn Japans Autobauer und Kartenanbieter wollen verhindern, dass Google die nächste Stufe der Autonavigation dominiert und damit die Fahrdaten absaugt.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Inzwischen versucht das Unternehmen, seine Karten global zu verbreiten. Südkoreas größter Mobilnetzanbieter SK Telecom ist derweil schon einen Schritt weiter. Anfang des Jahres hat der Konzern mit dem südostasiatischen Mitfahrdienst "Grab" ein Joint-Venture für Autonavigation gegründet. Der regionale Marktführer geteilter Mobilität will das System von SK Telecom benutzen und so Google den Griff auf die Daten erschweren.

SK Telecom kommt dabei entgegen, dass das Unternehmen in Südkorea eigenes Karten-Knowhow aufbauen konnte. Denn die Regierung hat Google – vermeintlich wegen der nationalen Sicherheit – einen Riegel vorgeschoben und den Export von Kartendaten an ausländische Unternehmen verboten.

So bietet Google zwar auch für Südkorea Karten an. Aber da der Konzern auf viele Daten keinen Zugriff hat, sind die Karten im Vergleich mit südkoreanischen Anbietern recht rudimentär. Und damit weist auch Südkorea auf eine Bedingung für Googles große Macht in der digitalen Kartographie hin: Die globalen Plattformanbieter sind nur so stark wie die Politik es zulässt. Ein anderes Beispiel: In China kommen die Menschen ebenfalls ohne Google Maps ans Ziel.

Diese Woche habe ich dann auf einer Bergtour noch eine interessante "Mega-App" kennengelernt, die ich künftig öfter auf hiesigen Wanderungen benutzen werde: Super-Topographie (Suupaa Chikei) heißt die Eier legende Wollmichsau unter den Landkarten-Apps.

Mehr als hundert Karten vereinen die Macher in der App: von Google Maps als Kartengrundlage über detaillierte Höhenlinien, 3D-Karten, historische Landkarten oder Angaben zur Bevölkerungsdichte als Hintergrundbilder bis hin zu augmentierter Realität für die Darstellung von Bergmassiven in 3D sowie – besonders hilfreich für den Haus- und Wohnungskauf in Zeiten des Klimawandels – eine Simulation von verschiedenen Wasserständen.

Ich konnte mir mit dieser App auf meiner Wanderung nicht nur ein Höhenprofil meiner Strecke abrufen. Selbst im Flachstück zeichnete es genau die zwei Meter an, die ich auf einem Stück emporstieg. Aber am liebsten war mir die Panorama-Funktion. Mit ihr konnte ich den Nationalberg Fuji anvisieren und mit einem Klick Daten wie seine Höhe und Entfernung abrufen.

Als Sahnehäubchen servierte die App sogar noch sekundengenau den Sonnenverlauf auf Jahre voraus im Panoramaprogramm mit. So konnte ich herausfinden, wann ich von dem besuchten Tempel ein Bild vom sogenannten "Diamond-Fuji" schießen kann: Darunter verstehen die Japaner das Glück, die Sonne genau im Krater des mächtigen Vulkans untergehen zu sehen.

Am besten steige ich dann wohl vom 11. bis 13. März 2020 auf den Hügel in der Küstenstadt Kamakura. Und selbst, wenn bis dahin aus irgendeinem Grund die Polkappen samt und sonders abschmelzen sollten, werde ich den Blick genießen können. Immerhin lag mein Aussichtspunkt 135 Meter über heutigem Normalnull.

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