Post aus Japan: Beenden autonome Autos Googles Kartenmacht?

Google Maps erwächst starke Konkurrenz. In Japan verbünden sich Auto- und Kartenhersteller. Nun soll ein Konsortium gebildet werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Im Trubel der Tokyo Motor Show ging eine kleine Nachricht fast unter, die allerdings große Auswirkungen haben könnte. Here, der Kartendienst von Audi, BMW und Daimler, und Mitsubishi Electric (Melco) kündigten eine strategische Partnerschaft an. Gemeinsam wollen sie Heres hochpräzise 3D-Karten und Melcos Kommunikationsmodul für zentimetergenaue Positionsbestimmung an die Autobauer bringen und Dienste für autonome Autos entwickeln.

Das allein hört sich erstmal nicht bahnbrechend an. Aber bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass sich hier nicht einfach nur zwei Unternehmen, sondern zwei der wichtigsten Player der deutschen und der japanischen Autoindustrie in einem der wichtigsten Zukunftsfelder autonomer Automobilität verbünden: hochpräzise, in Echtzeit erneuerte 3D-Karten von Straßen, Kaufhäusern, Bahnstationen, oder kurz gesagt der gesamten Lebenswelt.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Melco ist nichts weniger als das Herz einer Art japanischen Here: dem Joint-Venture Dynamic Map Platform aus Auto- und Kartenherstellern. Es hat die Vermessungstechnik und Standards für die Erstellung zentimetergenauer 3D-Karten für Japans Straßen entwickelt. Und der Technikkonzern hat nicht nur die Satelliten für Japans neues zentimetergenaues GPS-System gebaut, das 2018 den Dienst aufnehmen wird. Er hat auch die mobile Scantechnik für Straßenzüge und Innenräume entwickelt und besitzt überdies als aufstrebender Autozulieferer viel Sensor- und Kommunikationstechnik für autonome Autos.

Wie wichtig die Autoindustrie das Thema Karten nimmt, zeigt schon das Engagement der deutschen Hersteller bei Here und der Dynamic Map Platform. Nicht nur benötigen autonome Autos diese hochpräzisen, durch Bilddaten aufgewerteten Karten zur besseren Orientierung. Die präzise digitale Nachbildung der Welt dient auch als Basis für eine riesige Bandbreite an neuen auto-, fahrer- und ortsbezogenen Diensten, die sich versilbern lassen.

Die Autobauer wollen daher um jeden Preis verhindern, dass diese digitale Goldgrube in die Hände von Google fällt. Zu gut kennen sie das Schicksal der Handyhersteller in Googles Androidwelt. Außer dem Marktführer Samsung fristen die Hardwarehersteller finanziell meist bei Nulldiät, während die Google-Mutter Alphabet Daten und Gewinne einstreicht. Daher kooperiert Here gerne mit Firmen wie Microsoft und Facebook, aber nicht Alphabet.

Auch die japanischen Hersteller tun alles, um den Zugriff der amerikanischen Datenkrake auf Autos und Fahrdaten auf einige Schnittstellen einzuschränken, etwa mit einem gemeinsamen Betriebssystem für Infotainment-Systeme, Klimakontrolle und Fahrdaten im Auto.

Diese Abwehrhaltung und Bündnisfreude der Autobauer wird es Alphabet schwer machen, in den neuen Kartendiensten für autonome Autos genauso dominant wie auf dem Smartphone oder im Internet zu werden. Denn in der nicht allzufernen Zukunft werden Autos mit allen möglichen Radaren, Sonaren, Kameras, Informationen zur Dämpfung, Geschwindigkeit und anderen autorelevanten Dingen weit mehr Daten über die Fahrt und die Umgebung sammeln, als Smartphones.

Und da in der Zukunft die Menge der Daten Macht sind, dürften die von den rollenden Sensorarrays kontinuierlich verbesserten Karten auch Google Maps an Genauigkeit ausstechen. Damit steht uns ein interessanter Kampf zwischen Alphabet/Google und den Autoherstellern um die Datenhoheit im Auto bevor. Ich für meinen Teil glaube, dass mit der Ära autonomer Autos die Epoche von Google Maps in der Navigation enden wird.

()