Anwalt fordert politische Lösung für Julian Assange

Juan Branco, Anwalt von Julian Assange, wirft der britischen Regierung Isolationsfolter vor, die eine rechtsstaatliche Verteidigung seines Mandanten verhindere.

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Anwalt fordert politische Lösung für Julian Assange

(Bild: Londisland/Shutterstock.com)

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Während sich die IT- und Internet-Branche auf dem Web Summit in Lissabon trifft, sitzt Rui Pinto, der Whistleblower der Football Leaks, in der selben Stadt im Gefängnis und fürchtet um sein Leben. Juan Branco, Rechtsberater von Julian Assange bei Wikileaks, erinnerte auf einer Pressekonferenz daran, wie stark derzeit Whistleblower und damit auch die Pressefreiheit unter Druck stehen würden.

Zuvor hatte Branco auf dem Web Summit einer Unterstellung von Ryan Broderick von Buzzfeed widersprochen, Wikileaks würde keinen Journalismus praktizieren. "Der schwierigste Teil des Journalismus ist es, an geheime Informationen zu kommen. Wikileaks hat Millionen Dokumente veröffentlicht, und nicht eines davon war Fake News. Das ist, was Assange als wissenschaftlichen Journalismus bezeichnet. Wir legen unsere Quellen alle offen, das macht sonst keiner." Branco plädierte für direkte Demokratie und Volksabstimmungen wie in der Schweiz, die ohne Repräsentanten auskommt. Dazu bräuchten die Bürger direkten Zugang zu ungefilterten Informationen, die Wikileaks ihnen bereitstelle.

Branco warf Broderick eine politische Agenda vor, als er anmerkte, dass Volksentscheide im Fall des Brexit nicht gut funktioniert hätten, weil die öffentliche Meinung leicht zu manipulieren sei. "Nur weil ihnen das Ergebnis nicht passt, können sie doch nicht annehmen, dass ihre politische Meinung Common Sense sei", konterte Branco barsch. Er forderte mehr Solidarität von der Presse ein, die von den Veröffentlichungen von Wikileaks stark profitieren würden.

Rechtsanwalt Juan Branco schilderte die Situation von Julian Assange in der Haft.

(Bild: Hartmut Gieselmann / ho)

Branco berichtete von den aktuellen Haftbedingungen von Julian Assange im britischen Gefängnis. Dort droht ihm eine Auslieferung an die USA, wo ihn im Falle einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft erwarten. Für die Anklage in den USA ist es unter anderem wichtig, ob Assange als Journalist anerkannt wird oder nicht.

Derzeit sei Assange in einer Zelle mit sieben Quadratmetern eingesperrt. 23 Stunden am Tag sei er komplett isoliert, habe keinerlei Kontakt mit anderen Gefangen, keinen Zugang zu Computern oder dem Internet. Besuch dürfe er nach einer Beschwerde inzwischen einmal pro Woche empfangen.

Die Isolation mache ihm schwer zu schaffen, so Branco. Er wisse nicht, wie lange Assange den psychischen Druck noch aushalten könne. Die britische Justiz treibe den Zeitplan für die Verhandlungen stark voran, weshalb es für die Anwälte kaum möglich sei, in der kurzen Zeit und der stark beschränkten Kommunikation eine adäquate Verteidigung aufzubauen. Die Kommunikation von Assange mit seinen Anwälten würde von der gleichen Privatfirma überwacht, die ihn bereits in der Botschaft von Ecuador für den US-Geheimdienst CIA ausspioniert habe. Dies werde man auch in der Verhandlung thematisieren, erklärte Branco.

Für Branco ist der Prozess gegen Assange politisch motiviert. Das britische Recht verbiete es jedoch, politisch Verfolgte an das Ausland auszuliefern. "Es ist ein politischer Fall, der eine politische Lösung braucht", stellte Branco klar. Unterstützer und ausländische Regierungen forderte er auf, politischen Druck gegenüber Großbritannien aufzubauen, damit Assange nicht ausgeliefert wird. (hag)