Russland verbietet Verkauf von Geräten ohne vorinstallierte russische Software

In Russland sollen künftig nur noch Smartphones und Computer verkauft werden, auf denen auch russische Software-Alternativen vorinstalliert sind.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 283 Kommentare lesen
Russland verbietet Verkauf von Geräten ohne vorinstallierte russische Software

(Bild: photomatika/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Simon Koenigsdorff

In Russland dürfen in Zukunft viele elektronische Geräte nur noch verkauft werden, wenn auf ihnen aus Russland stammende Software vorinstalliert ist. Das hat das russische Parlament am Donnerstag beschlossen. Betroffen von dem neuen Gesetz sind neben Smartphones und Computern auch Smart-TVs. Eine Auflistung, welche Geräte dabei genau unter das Gesetz fallen und welche Software vorinstalliert werden soll, muss die Regierung allerdings noch vorlegen. Firmen, die sich nicht an die Vorschriften halten, drohen dabei Geldstrafen.

Das Gesetz soll offenbar russische Software-Alternativen fördern. Einer der Abgeordneten hinter dem Vorschlag, Oleg Nikolayev von der Partei "Einiges Russland", sagte der russischen Nachrichtenagentur Interfax, auf neuen Geräten seien hauptsächlich westliche Apps und Programme vorinstalliert, sodass Nutzer denken könnten, es gebe keine einheimischen Alternativen. "Wir wollen den Nutzern auch russische Anwendungen anbieten, damit sie ein Recht darauf haben, sich zu entscheiden." Einem Bericht der litauischen Nachrichtenseite Meduza zufolge seien unter anderem die E-Government-App Goslusugi und Anwendungen der russischen Internetfirma Yandex im Gespräch, die die größte russische Suchmaschine betreibt.

Das Gesetz folgt dabei der Strategie des Kremls, Russland in Sachen Technologie und Internetzugang möglichst eigenständig zu machen. Zu Beginn des Monats war bereits ein Gesetz für ein russisches "Staatsinternet" in Kraft getreten. Kritiker befürchten, dass auch die nun beschlossene Regelung die Tür für weitere staatliche Kontrolle und Zensur öffnen könnte, da die zwangsweise vorinstallierten Anwendungen auch dazu genutzt werden könnten, russische Nutzer auszuspähen.

Zu den möglichen Folgen gehört jedoch auch, dass Firmen künftig auf den Verkauf ihrer Geräte in Russland ganz verzichten könnten. Meduza zitiert unter anderem Quellen bei Apple, wonach man dort die zwangsweise Vorinstallation fremder Software als großes Sicherheitsrisiko bewerte, das die Firma nicht tolerieren könne. Laut BBC hatte auch der russische Branchenverband für elektronische Haushaltsgeräte und EDV (RATEK) davor gewarnt, dass es nicht möglich sein werde, auf allen Geräten die geforderte Software zu installieren und ausländische Firmen den russischen Markt deshalb verlassen könnten.

Das Gesetz muss nach seiner Verabschiedung in der Duma, dem russischen Unterhaus, noch vom Oberhaus genehmigt werden, bevor es Präsident Wladimir Putin zur Unterschrift vorgelegt wird. Eine Zustimmung gilt jedoch als äußerst wahrscheinlich. In Kraft treten soll es im Juli 2020.

Russland steht aufgrund seiner Bemühungen um ein staatlich kontrolliertes "souveränes Internet" bereits seit längerem in der Kritik. Menschenrechtler hatten den Entschluss, das "RuNet" potenziell vom World Wide Web abzukoppeln, aufgrund einer drohenden digitalen Isolation und totaler staatlicher Kontrolle der Inhalte stark kritisiert. Bereits jetzt sind zahlreiche ausländische Seiten in Russland nicht erreichbar, unter anderem von Regimekritikern. Die Organisation Reporter ohne Grenzen sprach von einem Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit.

Präsident Putin hatte zudem angekündigt, eine eigene russische Wikipedia-Alternative für "verlässliche Informationen" aufbauen zu wollen. Zuletzt hatte die Duma außerdem ein Gesetz beschlossen, das hohe Strafen für Internetunternehmen vorsieht, die persönliche Daten russischer Nutzer außerhalb des Landes speichern. (siko)