Lauschangriff auf den Darm

Erlanger Forscher haben ein T-Shirt entwickelt, mit dem sich der Zustand des Verdauungstraktes überwachen lässt.

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Lauschangriff auf den Darm

(Bild: Photo by Olliss on Unsplash)

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Schmerzen und Geräusche gehen im Magen- und Darmbereich oft miteinander einher. Doch wenn es im Bauchbereich grummelt, kann das Vieles bedeuten – von der leichten Verstimmung über problematische Erkrankungen. Doch was wollen uns Magen und Darm wirklich konkret sagen? Ein mit Sensoren bestücktes Kleidungsstück könnte hier künftig eine konkrete Diagnostik erlauben, ohne dass Eingriffe vorgenommen werden müssen.

Das sogenannte GastroDigitalShirt, das die Assistenzärztin Sarah Fischer und Kollegen am Universitätsklinikum Erlangen entwickelt haben, ist ein kurzärmeliges Hemd mit acht Mikrofonen, das zusammen mit einem angeschlossenen Minirechner Daten des Trägers sammelt. Es ist bequem genug, um es einen ganzen Tag lang auf der Haut zu behalten, was die Datenbasis groß macht – und auch Stunden abdeckt, die der Träger im Schlaf verbringt.

3D-Darstellung des Dickdarms.

(Bild: Nevit Dilmen / cc-by-sa-3.0)

Mit Hilfe ihrer smarten Kleidung wollen die Forscher herausfinden, ob es aus der Langzeitaufzeichnung akustischer Signale aus dem Abdomen möglich ist, Rückschlüsse auf Erkrankungen zu ziehen. Dazu tragen die Probanden im Rahmen des Forschungsprojekts von Dr. med. Sarah Fischer das Gerät über mehrere Tage. So ergibt sich ein Geräuschprofil, wie sich der Magen-Darm-Trakt von Personen mit unterschiedlichen Symptomen – etwa Reizdarm oder andere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen – "anhört".

Damit soll es dann künftig möglich sein, Daten zu vergleichen, um eine non-invasive Diagnostik zu erlauben. Auch den Krankheitsverlauf könnte man überwachen. "Mit unserem Projekt haben wir außerdem die Grundlage geschaffen, um individuelles Alltagsverhalten hinsichtlich des Einflusses auf die Krankheitsentwicklung zu bewerten", so die Forscherin, die Assistenzärztin in der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie – ist.

Sarah Fischer (Mitte) gewann den DGVS Innovationspreis "Digitale Gastroenterologie".

(Bild: DGVS)

Fischer und ihr Team haben für ihr GastroDigitalShirt mittlerweile den Innovationspreis der Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gewonnen. Mit der Auszeichnung solle jeweils ein digitales Projekt gewürdigt werden, das gastroenterologisches Wissen vermittelt, den klinischen Alltag in der Gastroenterologie unterstützt, das Management gastroenterologischer Krankheiten vereinfacht oder gastroenterologischen Patienten den Umgang mit ihrer Erkrankung erleichtert, schreibt Fischers Hochschule dazu.

Das Projekt der Universität Erlangen erinnert an andere Vorhaben aus der Medizin, bei der aus großen Datenmengen, die sich dank immer besser und kostengünstiger werdender Sensortechnik erfassen lassen, Muster abgeleitet werden. Die dafür eingesetzten Algorithmen erfassen Details viel genauer, als das ein Mensch könnte – und stellen dadurch Verbindungen zwischen Faktoren her, die zuvor unentdeckt geblieben waren.

(Bild: Photo by Olliss on Unsplash)

Die Erfassung durch das GastroDigitalShirt kann über Tage oder gar Wochen erfolgen – und das auch außerhalb eines Klinikaufenthalts. Zudem ist absehbar, dass eine solche Technik auch eingesetzt werden könnte, um Therapieverfahren auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, denn man weiß ja dadurch auch, wie ein gesunder Magen-Darm-Trakt "klingt".

(bsc)