AWS: IBM, Oracle und Microsoft gehören in den Entrümplungsverkauf

Auf seiner re:Invent stichelte Amazon gegen die Cloud-Konkurrenz. Abseits der harten Worte gab es vor allem neue Dienste für Entwickler zu sehen.

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AWS: IBM, Oracle und Microsoft gehören in den Entrümplungsverkauf

Kann weg: Amazon meint, dass IBM, Oracle und Microsoft ihr Cloud-Geschäft entsorgen könnten.

(Bild: Harald E. Weiss)

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Amazon hat auf seiner diesjährigen Kundenveranstaltung re:Invent in Las Vegas viele Neuerungen für AWS angekündigt. Drei Stunden dauerte die Eröffnungs-Keynote von AWS-CEO Andy Jassy, während der er sich im weiter wachsenden Marktanteil sonnte: Knapp 48 Prozent beträgt er inzwischen – fast doppelt so viel, wie die vier nachfolgenden Konkurrenten Microsoft, Alibaba, Google und IBM zusammen. „Derzeit wird noch immer der weitaus größte Teil aller IT-Leistung On-Premise ausgeführt, was für uns noch viel Luft nach oben bedeutet“, rief er den 65.000 Teilnehmern zu.

Dabei verschiebt sich AWS gerade von der Cloud in die Rechenzentren der Kunden. Das bereits im vorigen Jahr angekündigte Projekt Outposts ist jetzt in vielen Regionen, darunter Europa, verfügbar. Es handelt sich um eine von AWS betriebene, aber beim Kunden installierte und administrierte Infrastruktur. Entsprechend stehen lokal alle AWS-APIs und -Dienste bereit, die aus der Cloud bekannt sind – so lassen sich Anwendungen einfach zwischen On-Premises und Cloud verschieben.

Amazon rechnet Outposts verbrauchsabhängig ab, eine Aussage zu den Preisen gab es auf der re:Invent nicht. Der Kunde muss Strom, Klimatisierung und die physische Infrastruktur bereitstellen. Auch bei der Skalierung gibt es Einschränkungen, mit einer zu vereinbarenden Mindest- und Höchstabnahme.

Bei den weiteren Ankündigungen standen vor allem Verbesserungen und Erweiterungen für die Developer-Gemeinde im Vordergrund. Dazu gehörte beispielsweise eine neue Option zum Verwalten der Cassandra-Datenbank auf AWS. Zwar ist Cassandra hier schon lange verfügbar, doch bislang nur von Drittanbietern. Ab sofort bietet Amazon diese Datenbank selbst als Managed Cassandra Services (MCS) an. MCS ist serverless, das heißt, für die Nutzung muss der Nutzer keine weitere Infrastruktur anfordern – er bezahlt den Dienst ausschließlich nach Nutzung. Die Skalierung erfolgt automatisch und laut Amazon lassen sich damit Anwendungen entwickeln, die tausende Anfragen pro Sekunde bedienen und eine praktisch unendliche Speicherkapazität nutzen können.

Ebenfalls an Entwickler richtet sich Wavelength, ein gemeinsames Projekt mit Telko-Providern, das AWS in die neue 5G-Welt einbinden soll. Der Dienst hat neue Anwendungen für die äußersten Enden der Mobilfunkinfrastruktur zum Ziel. „Die Entfernung von einem über 5G angebundenen Gerät bis an die IT-Infrastruktur ist nur noch bis zur nächsten Basisstation“, erläuterte Hans Vestberg, CEO von Verizon, in einem Gespräch mit Andy Jassy. Das Ganze heißt dann Mobile Edge Computing (MEC). Außer Verizon sind bei MEC noch Vodafone, KDDI und SK Telekom mit an Bord.

Ein ganzes Bündel an erweitertem Developer-Support stellte Amazon im Bereich Machine Learning (ML) vor. Schon seit geraumer Zeit bietet AWS mit SageMaker eine entsprechende Plattform an, die jetzt die Module Studio, Notebook, Experiments, Autopilot, Debugger und Model Monitor erhält. Studio dient dem Entwickeln und Trainieren von selbstlernenden neuronalen Netzen. Hierzu dienen auch in unterschiedlicher Anwendungsform die Module Experiments, Autopilot und der Model Monitor; Notebook soll die User-Experience verbessern.

Darüber hinaus wurden mit der internen Search-Engine Kendra, dem Fraud Detector, dem Transcribe Medical und der Augmented Artificial Intelligence (A21) vorgefertigte KI-Bausteine vorgestellt. Neu ist auch CodeGuru – primär als Tool für das Entwickeln von AI-Anwendungen konzipiert, lässt es sich darüber hinaus für jede andere Software nutzen. Das Werkzeug inspiziert Code und empfiehlt Verbesserungen, beispielsweise in den Bereichen Effizienz oder Security.

Natürlich kommt keine AWS-Veranstaltung ohne ein paar Seitenhiebe aus. Früher flogen die Pfeile hauptsächlich in Richtung Oracle, doch mittlerweile ist Microsoft die neue Zielscheibe – was vermutlich daran liegt, dass man einen Kampf um einen 10 Milliarden US-Dollar schweren Auftrag des Pentagons führt. Microsoft hat diesen zwar erhalten, wogegen Amazon aber bereits Klage eingereicht hat. Andy Jassy schoss vor allem gegen Windows als proprietäres Betriebssystem und gegen die Neuregelung der Microsoft-Lizenzen, die jetzt nicht mehr auf Cloud-Provider übertragen werden können „Es ist unverantwortlich, sich beim Betriebssystem auf nur einen einzigen Anbieter abzustützen“, lautete seine Warnung an die CIOs. Abschließend meinte er, dass IBM, Oracle und Microsoft alle in Form eines Entrümpelungsverkaufs entsorgt werden sollten.

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(fo)