Linux im Bundestag: Ja, nein, vielleicht...

In die Diskussion um Linux im Bundestag hat sich jetzt auch der Linux-Verband eingeschaltet; beschlossen ist bereits die Förderung von Open Source in der Verwaltung.

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Von
  • Oliver Diedrich

In die Diskussion um den Einsatz von Linux im Bundestag hat sich jetzt auch der Linux-Verband (LIVE) eingeschaltet. Daniel Riek, Vorstand der Verbandes, der den professionellen Einsatz von Linux fördern will, greift in einem offenen Brief die Argumente des SPD-Abgeordneten Ulrich Kelber auf. Kelber hatte sich öffentlich gegen die Stigmatisierung einzelner Hersteller ausgesprochen und dafür plädiert, in der Diskussion "ausschließlich funktionelle Anforderungen und Sicherheits-Aspekte" zu berücksichtigen. Seine Äußerungen richteten sich gegen einen Vorstoß seines Kollegen Jörg Tauss, der gefordert hatte, den Bundestag "zur Microsoft-freien Zone" zu erklären, und auf massives Lobbying von Microsoft verwiesen hatte.

In seinem offenen Brief verweist Riek auf die besondere Bedeutung, die die Entscheidung des Bundestages auch unter "ordnungspolitischen und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten" habe: "Der Deutsche Bundestag ist keine x-beliebige GmbH." Letztlich gehe es nur darum, dass freie Software eine faire Chance haben müsse gegenüber einem Unternehmen, das den Softwaremarkt beherrscht. Auch dürfe man -- neben den funktionellen und Sicherheits-Aspekten -- die Kosten nicht aus den Augen verlieren.

Doch auch im Bundestag wird über Linux diskutiert: Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundestag bereits am 9. November nach kurzer Diskussion einen Antrag von SPD und Grünen beschlossen, nach dem unter anderem die Entwicklung von Open-Source-Produkten und ihr Einsatz in der Bundesverwaltung politisch gefördert werden soll. Der Antrag stellt fest, dass in weiten Teilen des Software-Marktes kein Wettbewerb stattfinde, da "Microsoft ... den Markt für Textverarbeitungs- und Tabellen-Kalkulations-Programme mit einem Anteil von 90 Prozent" beherrsche. Open Source solle daher "überall in der Verwaltung eingesetzt werden, wo damit Kosten gespart werden können".

Andere europäische Länder sind auf diesem Weg bereits weiter: Seit dem Sommer sorgt in Frankreich die direkt dem Premierminister unterstellte "Agence pour les technologies de l'information et de la communication dans l'administration" (ATICA) dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Firmen und Bürgern durch offene Standards sichergestellt wird. Zu ihrem Auftrag gehört es dabei auch, die Rolle von Open Source ("logiciels libres", freie Programme) beim E-Government auszuloten und zu fördern. Michel Sapin, der zuständige Minister, sieht durch Open Source Grundforderungen des E-Government erfüllt: Sicherheit und Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen, Transparenz und Interoperabilität. (odi)