Der Aufstieg Skywalkers: Ein Requiem für Star Wars

"Der Aufstieg Skywalkers" markiert das Ende der Star-Wars-Kinofilme. Die Trilogie ist abgeschlossen, alle weiteren Filmpläne liegen auf Eis. Was kommt danach?

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Der Aufstieg Skywalkers: Ein Requiem für Star Wars

Oma sagt: "Eine gesprungene Schüssel wird nicht wieder ganz."

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Inhaltsverzeichnis

So hatte sich Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy die Zukunft von Star Wars vermutlich nicht vorgestellt: Am Anfang von Disneys Star Wars standen nämlich große Pläne. Episode 7, 8 und 9 sollten im Wechsel mit "Star Wars Story"-Filmen erscheinen, die Geschichten aus der weit entfernten Galaxis erzählen sollten, gefolgt von einer weiteren Trilogie. Mindestens! Nichts davon hat nun mehr auch nur Planungsstatus. Als Ankündigung verbleibt ein einzelner, nicht näher spezifizierter Film, der im Dezember 2022 erscheinen soll. Star Wars ist im Kino am Ende.

Im Dezember 2017 erschien Rian Johnsons "Episode 8 – Die letzten Jedi". Kurz vorher erst hatte Kennedy eine vollständige Trilogie unter Federführung von Johnson angekündigt. Nach dem Flop des Films war sie wieder vom Tisch. Auch eine weitere Trilogie mit den Game-of-Thrones-Verantwortlichen D. B. Weiss und David Benioff war, im Februar 2018 angekündigt, im Oktober 2019 bereits wieder abgesagt – nach deren hingeschluderter Endstaffel von Game of Thrones vermutlich ohnehin keine gute Wahl.

Außer "Rogue One" und "Solo" sollten Star-Wars-Story-Filme zu Boba Fett und Obi-wan Kenobi erscheinen. Beide wurden nach dem grandiosen Flop von "Solo" abgesagt, dem ersten Star-Wars-Film überhaupt, der Verlust gebracht hat. Seither steckt Star Wars in der Krise. Disney hat immerhin 4 Milliarden US-Dollar für die Marke bezahlt – und bisher nur einen Bruchteil wieder eingefahren, die Fans verschreckt, die Charaktere verbraucht.

Kathleen Kennedy rudert hilflos im Sturm. Diesen Sturm haben mittlerweile zwei Generationen von Fans entfacht, die 40 Jahre lang der Original-Trilogie beziehungsweise 20 Jahre lang den Prequels die Treue hielten. Sie wähnen die mit ihren Filmen verbundene Mythologie verraten. Auf YouTube und Twitter geht der Begriff "The Fandom Menace" um, eine Kampfansage an Disney Star Wars, die sich an den Titel von Episode I "The Phantom Menace" anlehnt.

Die Fans arbeiten sich vor allem an Episode 8 ab. "Die letzten Jedi" ist der Film, der aus Luke Skywalker einen ängstlichen Drückeberger machen wollte. Star Wars ist jedoch zuallererst seine Geschichte. Auf Luke führen alle Handlungsfäden und wenn man ihn aus der Gleichung nimmt, bleibt nicht viel mehr übrig als ein paar dämlich umherfliegende Raumschiffe.

Rey, Finn und Poe konnten nicht die Präsenz von Luke, Leia und Han entwickeln.

J. J. Abrams Star Wars anzuvertrauen, war mutig: In seinem Star-Trek-Reboot hatte er als erste Amtshandlung den Planeten Vulkan in die Luft gejagt. In "Episode 7 – Das Erwachen der Macht" starb Han Solo einen sinnlosen Tod. Die Story-Entwürfe von George Lucas verwarf Disney ohne Not und Grund.

Der Film wurde ein solider Soft-Reboot, schön anzusehen mit einem recycelten Plot um eine runde Superwaffe (weil die ja auch in der Vergangenheit immer gut funktioniert haben) und viel Fan-Service, aber mit guten Impulsen wie dem abtrünnigen Stormtrooper Finn, dem mysteriösen Supreme Leader Snoke und der unklaren Herkunft von Rey. Die Antwort darauf, wo die Macht erwachte, blieb Abrams allerdings schuldig.

"Subverting expectations" war alles, was Rian Johnson in Episode 8 tat.

Episode 8 war ein Desaster auf Ansage. Kathleen Kennedy gab Rian Johnson komplette kreative Kontrolle und er brach mit allem, was Abrams in Episode 7 angelegt hatte, nur um Erwartungen nicht zu erfüllen ("subverting expecations") und den Fans zu zeigen, dass alles, was in Star Wars passiert, nicht so wichtig ist.

Die emotionale Schlussszene von Episode 7? Gerät zu einem billigen Gag. Der mysteriöse Snoke? Irgendein Typ, sofort tot. Reys Eltern? Niemand Besonderes. Und der letzte Jedi Luke Skywalker? Wird vom "optimistischsten Charakter der Galaxis" (Mark Hamill) zu einem miesgelaunten Eremiten: Der alte Luke hat im Erzbösewicht noch Gutes gesehen; der neue will aufgrund einer Ahnung seinen Neffen im Schlaf töten. Rian Johnson hat sich mit seiner traurigen Entschuldigung für einen Star-Wars-Film völlig im Ton vergriffen.

Reden wir lieber nicht über Lando. Es wäre auch ohne ihn gegangen.

Episode 9 "Der Aufstieg Skywalkers" fängt wieder von vorne an, eröffnet im ersten Akt ein Konvolut an Plotlinien, hängt eine McGuffin-Jagd an die nächste und spult Actionszenen wie aus einem Videospiel ab. Nebenbei verteilt Abrams fleißig Seitenhiebe gegen seinen Vorgänger. Der verwirrte Kinobesucher kann sich nur am Fan-Service orientieren. Der Imperator spult seine bekannten Sprüche ab ("Nimm deine Waffe, streck mich damit nieder" Ja, Opa, das sagst du immer!) und entwertet durch sein Auftreten das Opfer von Anakin Skywalker. Immerhin bekommt Chewie posthum den Orden für sein Lebenswerk. Wiederum führt der Titel in die Irre: Kein Skywalker steigt hier auf. Hätte jemand in den 80ern angekündigt, am Ende der "Saga" würde Palpatines Enkelin den Namen der ausgestorbenen Skywalker annehmen, die Welt hätte gelacht.

J. J. Abrams weiß, wie er eine Mystery-Box aufbaut, hat aber noch nie bewiesen, dass er sie auch befriedigend auflösen kann. Er ist kein Visionär, sondern kann nur das bereits vorhandene optisch aufbereiten und somit nur bekannte Strukturen wiederkäuen. So sind Episode 7 und 9 bestenfalls gelungene Fan-Fiction, haben aber die Mythologie nicht weiterentwickelt.

Chewbacca bekommt in Episode 9 endlich seinen Orden für die Schlacht von Yavin.

Kathleen Kennedy wird bei Lucasfilm bleiben oder zurücktreten und sich der Familie widmen, aber sie wird keinen Einfluss mehr auf die Marke ausüben. Das Trilogie-Korsett hat nicht funktioniert und bestimmt nicht mehr die Zukunft von Star Wars. Die hat längst woanders begonnen.

Die neue Disney+-Serie "The Mandalorian" scheint nach vielen Fehltritten ein erster Schritt in die richtige Richtung. Executive Producer Jon Favreau produzierte bereits die Iron-Man- und Avengers-Filme. Die ebenfalls zu Disney gehörenden Marvel Studios bewiesen ungleich mehr Geduld und Augenmaß beim Aufbau des Marvel Cinematic Universe. Auch Marvel machte zunächst Fehler, ging aber behutsamer vor als Disney-Lucasfilm, korrigierte Fehltritte, entwickelte einen charakteristischen Stil und behielt dabei den langfristigen Story-Aufbau im Blick.

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Mit dem Rückschritt auf die TV-Serienbühne und einem ernst gemeinten Hiatus könnte Disney langfristig die Fans wieder ins Boot holen (und damit die Investition von 4 Mrd. US-Dollar für die Star-Wars-Rechte). Die Fans waren Star Wars 40 Jahre lang treu und sind es gewohnt, dass mal zehn, mal fünfzehn Jahre lang kein neuer Film erscheint. Aber wenn es wieder so weit ist, sollte es kein halbherziger Versuch am erwartenden Fan sein. Yoda sagt: "Tu es oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen." In Deutschland soll Disney+ Ende März 2020 starten.

(akr)