Wie die Digitalisierung bei der Seenotrettung Leben rettet

Auch in die Seenotrettung ist die Digitaltechnik eingezogen. Sie unterstützt die Retter an Land und auf See und verschafft ihnen lebensrettende Vorteile.

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Zu Besuch in der Seenotleitung Bremen

(Bild: Die Seenotretter – DGzRS/Steven Keller)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Markus Montz
Inhaltsverzeichnis

Der Funkanruf klingelt. Der Wachleiter in der Seenotleitung nimmt an. Sein Gesicht bleibt entspannt: Die Besatzung des Seenotrettungskreuzers "Vormann Jantzen" hat einen Kranken von Norderney zum Festland gebracht und meldet sich nun zurück. Der Wachleiter und der Vormann des Kreuzers, wie der Kapitän hier heißt, besprechen kurz den Einsatz. "Irgendwelche Probleme?" Keine. Man kennt sich, der Ton ist herzlich. Nachdem er das Gespräch beendet hat, schließt er im Einsatzleitsystem auf seinem Bildschirm den "Fall", wie es im Jargon nüchtern heißt. Das Symbol für die "Jantzen" schiebt er mit der Maus zurück auf den Bildschirm, der die einsatzbereiten Seenotrettungskreuzer und -boote anzeigt.

In der Seenotleitung, in der internationalen Fachsprache auch MRCC ("Maritime Rescue Coordination Centre") genannt, geht es nicht immer so ruhig zu. Wenn ein Notruf hereinkommt und Menschenleben in Gefahr sind, werden die aufmerksamen Wachleiter und Funker der Schicht zu hochkonzentrierten Koordinatoren. Nur Hektik dürfen sie nicht entwickeln. "Zum einen führt Hektik zu Fehlern und zum anderen überträgt sich unsere Ruhe auch auf die Besatzung des Havaristen", sagt ihr Chef, Kapitän Dirk Hinners-Stommel, der den Besucher in seinem Büro empfängt. Die moderne Digitaltechnik hilft dabei: Sie liefert schnell Informationen und sorgt für zuverlässige Kommunikation. Dadurch haben selbst über Bord gegangene Seeleute oder verirrte Wattwanderer häufig gute Überlebenschancen.

Die Seenotleitung und die Seenotrettung auf der deutschen Nord- und Ostsee ist Aufgabe der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, der DGzRS. Der gemeinnützige Verein wurde 1865 gegründet; er arbeitet unabhängig und spendenfinanziert. Seine kleinen Sammelschiffchen auf Laden- und Kneipentheken und die schnittigen Seenotrettungskreuzer sind selbst am Alpenrand ein Begriff. Gerade in den letzten Jahren hat die DGzRS aber auch in der Seenotleitung noch einmal zugelegt: "Als ich 1993 angefangen habe, herrschten noch analoge Zeiten, mit Lochstreifen-Telex, Papierseekarten und Telefonkarteien. Aber in den Jahren danach ging es los", sagt Dirk Hinners-Stommel, ein Mann mit Lachfalten und ruhiger Stimme. "Auch GPS hatten wir damals noch nicht. Heute ist hier fast alles digital."