Biometrie: Seehofer will deutlich mehr Videoüberwachung mit Gesichtserkennung

In 135 Bahnhöfen und 14 Flughäfen sollen laut Innenministerium Systeme zur automatisierten Gesichtserkennung installiert werden. Bei der SPD gibt es Bedenken.

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Fehler der Gesichtserkennung: Unschuldige auf Fahndungsaufruf in Sri Lanka

(Bild: Neosiam32896395/Shutterstock.com)

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Geht es nach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), soll die biometrische Videoüberwachung in Deutschland rasch im großen Stil eingeführt werden. Seehofer wolle erreichen, dass an 135 Bahnhöfen und 14 Flughäfen Systeme inklusive automatisierter Gesichtserkennung installiert werden, schreibt der Spiegel. Dies sehe ein Referentenentwurf aus dem Innenministerium vor, mit dem die Kompetenzen der Bundespolizei deutlich ausgebaut werden sollen.

Der Entwurf befindet sich dem Bericht nach momentan in der Ressortabstimmung unter anderem mit dem Bundesjustizministerium und soll im Anschluss das Bundeskabinett passieren. Im Anschluss haben Bundestag und Bundesrat das Sagen.

Seehofer und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatten im September 2019 mit dem Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, Ronald Pofalla (CDU), vereinbart, dass "intelligente Videoüberwachung" und biometrische Gesichtserkennung künftig "ein wichtiges Unterstützungsinstrument insbesondere für die Bundespolizei sein" müssten. Für über 80 Millionen Euro wollen die Beteiligten bis 2023 "nahezu alle großen Bahnhöfe mit moderner Videotechnik" ausstatten. Eine Gesetzesgrundlage dafür fehlt aber noch.

Seehofer und die Bundespolizei werteten ein Pilotprojekt für biometrische Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz 2018 trotz Protesten von Datenschützern als großen Erfolg. Der Chaos Computer Club (CCC) warf den Beteiligten aber Schönfärberei vor. Die neue SPD-Chefin Saskia Esken hat das Vorhaben auf Twitter auf Anfrage von Netzpolitik.org hinterfragt: Videoüberwachung mit Gesichtserkennung sei ihres Erachtens "ein zu hoher Eingriff in die Freiheitsrechte".

Einen weiteren Test für "intelligente Videoanalyse-Technik" hatten die Bahn und die Bundespolizei im Juni 2019 begonnen, Ergebnisse dazu liegen noch nicht vor. Seehofer will dennoch bereits dafür sorgen, dass der frühere Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiet für jedes Verkehrsmittel zuständig sein soll, bei dem der Verdacht besteht, dass Menschen damit geschleust werden. Bundespolizisten könnten bald auch Verdächtige vorbeugend in Gewahrsam nehmen, um die Ausreise gewaltbereiter Fußballfans oder islamistischer Terroristen zu verhindern. (olb)