Pelham vs. Kraftwerk: A never ending sample

Ein Prozess ohne Ende, scheint der sogenannte Sampling-Streit zu werden. Der BGH soll nun erneut entscheiden, wie weit die Kunstfreiheit geht.

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Es ist eigentlich nur ein zwei Sekunden langer Soundausschnitt, doch der sorgt für genügend Zündstoff, dass sich nun schon 20 Jahre lang Gerichte daran abarbeiten. Es geht um das Sample des Kraftwerk-Titels "Metall auf Metall", das jetzt bereits zum vierten Mal vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt wird.

Eine kurze Erläuterung der bisherigen Geschehnisse: Der Musikproduzent Moses Pelham hatte 1997 ungefragt die Beats aus dem Kraftwerk-Song genutzt. Diese waren verlangsamt und geloopt als durchgängiger Beat unter das Lied "Nur mir" von Sabrina Setlur gelegt. Dagegen hatten die Electro-Pioniere 1999 geklagt. Mit der Frage, ob Musiker und Produzenten bei der Benutzung von fremden Samples die Urheber eine Genehmigung einholen müssen, ist der Fall Pelham vs. Kraftwerk seither durch alle Instanzen gegangen. Nach dem EuGH-Urteil im vergangenen Sommer sind die Kläger nun abermals vorm BGH.

Das EuGH-Urteil hatte im Sinne der Kunstfreiheit entschieden und besagt, dass man Samples auch ohne Genehmigung in eigenen Stücken verwenden kann, wenn es gar nicht mehr als Original-Sample erkennbar ist oder wenn es eine Zitatfunktion erfüllt – also direkt auf das Original Bezug nimmt. Dass auch diese Definition keinen eindeutigen Weg weist, kommentierte der Urheberrechts-Experte und Unterstützer der Initiative "Recht auf Remix" Leonhard Dobusch im Interview mit TR. Wer entscheidet, ob ein Sample noch "erkennbar" ist? Wer ist die Referenzgruppe – der gemeine Radiohörer oder professionelle Musikproduzenten?

Pelham selbst argumentiert, dass er das Sample damals nicht als Kraftwerk-Beat erkannt habe. Sicherlich sind zwei Sekunden unheimlich kurz, um diese in dem riesigen Popmusik-Fundus richtig zuzuordnen. Doch dass ein professioneller Musikproduzent nicht weiß, woher die von ihm verwendete Musik stammt, scheint mir ein wenig fragwürdig und in dem Kontext als Schutzbehauptung. Sind die Ohren der BGH-Richter also geschulter und erkennen die Audiosequenz wieder, würde Pelham verlieren und müsste Schadensersatz an Kraftwerk zahlen – zumindest für den Verkauf des Titels ab 2002, da trat die neue einheitliche EU-Urheberrichtlinie in Kraft.

Mit einer solchen Beurteilung ginge aber auch eine große Einschränkung der Kunstfreiheit einher. Ist es nicht gerade der Witz am Samplen, dass man das Original noch erkennt und auf dieser Basis damit spielt? Auch ist der bürokratische Aufwand für Künstler, bei denen das Samplen die Kunstform ist, enorm hoch, wenn sie für jeden noch so kleinen Ausschnitt eine Genehmigung einholen müssen. Gerade dieser Freiheit wollte der EuGH doch den Weg geebnet haben.

"Auf Basis des EuGH-Urteils könnte man sehr sampling-freundlich urteilen", meint auch Experte Dobusch. Wie der Sampling-Streit letztlich ausgeht, werden erst die nächsten Wochen (oder gar Monate) zeigen.

(jle)