DLD: Facebook & Co. regulieren, aber wie?

Wie kommt man den großen Social-Plattformen bei? Eine Antwort gab ein ehemaliger Facebook-Investor auf der Konferenz DLD München: Algorithmen verbieten.

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DLD Munich 20: Facebook & Co. regulieren, aber wie?

(Bild: Lloyd Carr/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Gatekeeping, Dateneigentum oder sogar ein Verbot bestimmter Algorithmen lauten die Vorschläge für die Regulierung von Facebook und anderen Plattformen. Dafür ist es nach Ansicht von Experten auf der Konferenz DLD München 20 "fünf vor zwölf". Während die philippinische Journalistin Maria Ressa Facebook in der Verantwortung sieht, sieht der ehemalige Facebook-Investor Roger McNamee die einzige Lösung im Verbot gewisser Algorithmen.

Ressa berichtete in München von Kampagnen der philippinischen Regierung gegen kritische Journalisten. Als Fact-Checking-Partner für Facebook sei ihr Online-Nachrichtenportal Rappler Zeuge der von Regierungskreisen gesteuerten Kampagnen, die Fakten in Frage stellen und danach Journalisten und besonders Journalistinnen diskreditierten. Den Rest erledige die Regierung ganz offiziell mit der Macht des Strafverfolgungsapparates, allein 2019 habe sie elf Klagen gegen Ressa angestrengt.

Doch andere halten Ressas frommen Wunsch, dass ihre "Freunde bei Facebook" Verantwortung übernehmen, für zu optimistisch. "Darauf zu setzen, dass sie das Problem lösen, ist so, als würde man darauf warten, dass Donald Trump noch zu einem normalen Präsidenten wird", sagte der ehemalige Facebook-Investor Roger McNamee. Auch der Wettbewerb werde es nicht richten, weil niemand das Kapital aufbringen könne, um mit den Tech-Riesen zu konkurrieren.

McNamee schlägt vor, Facebook bei den Agorithmen zu packen, und fordert ein Verbot des Amplifizierungsalgorithmus. Damit könnten die dokumentierten Exzesse bei der Beeinflussung von Wahlen und der Aufhetzung gegen Minderheiten in verschiedenen Ländern verhindert werden. Vor allem werde damit das Geschäftsmodell von Facebook empfindlich getroffen, meinte McNamee.

"Gesetzgeber müssen die Weiterentwicklung der großen Plattformen anhalten, um uns Zeit für eine Debatte zu geben, welche Art von Technik wir wollen", forderte McNamee und appellierte an Facebook, wenigstens in den drei Monaten vor der US-Wahl auf Microtargeting und Amplifizierung von Nachrichten zu verzichten.

Inwiefern solch ein gesetzliches Verbot möglich ist, blieb in München allerdings unklar. Viviane Reding, ehemalige EU-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, gab zu bedenken, dass eine neue Gesetzgebung Zeit brauche und bis zu fünf Jahren dauern könnte. "Wir haben aber keine fünf Jahre", sagte Reding. Sie sieht den Datenschutz als Hebel und regte an, eher mit Ergänzungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu arbeiten.

Auch Peter Sunde, Mitgründer der Filesharing-Plattform The Pirate Bay, nannte das Grundrecht auf die eigenen Daten den eigentlichen Angriffspunkt gegen die großen Plattformen. Die in München vom konservativen Europapolitiker Axel Voss erneut geforderten europäischen Konkurrenzprodukte zu Googles Suchmaschine, Amazons Cloud und Facebook hätten wegen der enormen Kapitalisierung der Giganten aktuell keinerlei Chance.

Sunde ist aber überzeugt, wenn Nutzern ein grundsätzliches Eigentum an ihren Daten eingeräumt würde, und sie dadurch selbst finanzielle Ansprüche für deren Vermarktung geltend machen könnten, ließe sich das Geschäftsmodell beschränken.Tatsächlich gebe es eine ganze Reihe von Alternativen zu den aktuellen Plattformen, von der langsam wachsenden Mastodon-Plattform, über den Brave Browser oder die dezentrale Single Sign On-Alternative ID4me bis hin zur neuen Sharing-Plattform von Wikipedia, WT Social. Nachdem man mit einem journalistischen Aufschlag zu WikiTribune gescheitert ist, habe man es jetzt als Alternative zu Facebook und Twitter aufgesetzt, sagte Wikipedia-Mitgründer Jimmy Wales in München. Seit dem Launch im vergangenen Oktober habe man bereits eine halbe Million Mitglieder gewinnen können. (olb)