Ach, Internet

Was wird aus dem Netz der Netze in Zeiten des "Technischen Kalten Krieges"?

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Ach, was waren das für Zeiten, als das Internet ein subkultureller Ort war – nur bewohnt von ein paar Wissenschaftlern und Technikern. Globales Dorf – sagt das noch jemandem was? Eigentlich stammt der Begriff vom Medientheoretiker Marshal McLuhan und wurde lange vor dem Internet geprägt dann aber mit Begeisterung auf das Internet angewandt. Das Internet verbindet alle mit allen – es gibt keine Grenzen und keine Hierarchien mehr. War ein schöner Traum, aber im Rückblick vielleicht etwas naiv. Wenn man heute nach dem Begriff "Global Village" sucht, erscheinen als Suchergebnisse Internet-Provider, Software-Buden und Shopping-Destinationen.

Kein Wunder. Das Internet ist ja heutzutage auch zum Spielfeld geopolitischer Auseinandersetzungen geworden. Das Thema hat es sogar nach Davos geschafft. Da, wo sich im Winter wichtige Wirtschaftsführer und Politiker treffen, um über die drängenden Probleme der Zeit zu sprechen.

Dank Internet und Streaming kann auch das gewöhnliche Volk an dieser Debatte Teil haben – zumindest am öffentlich zugänglichen Teil. Auf der Davos-Website gibt es zum Beispiel das Video einer Diskussion über die globalen Auswirkungen des "tech cold war" zu sehen, des kalten Krieges im Technologiesektor.

John Chipman, Chef des renommierten International Institute for Strategic Studies erklärt darin, dass es längst nicht mehr nur um den Ausbau der 5G-Netze geht. Die Auseinandersetzung um Huawei sei nur der Auslöser gewesen, für eine technische Spaltung, die viel weiter ginge. Die Zukunft des Internets sei jedoch zu wichtig, um sie zwei Staaten – China und den USA – zu überlassen. Sowohl Staaten als auch Unternehmen müssten Standards und Normen entwickeln, die auch in Zukunft die Interoperabilität des Netzes gewährleisten.

Auch Samir Saran von der Denkfabrik Observer Research Foundation war der Meinung, es ginge längst nicht mehr um Technologie, sondern um globale Dominanz. Eine Spaltung des Internets war für den Inder allerdings keine düstere Zukunftsvision, sondern traurige Realität. Nur wer genügend Geld habe, könne sich das Internet leisten, den anderen werde der Zugriff auf ein Netz verweigert, das eigentlich dafür gebaut worden sei, Wissen für alle zugänglich zu machen.

Im Gegensatz zu Chipman, fand Saran jedoch den konfrontativen Kurs der US-Regierung jedoch genau richtig: Man dürfe chinesische Unternehmen nicht für harmlose Geschäftsleute halten. Dem chinesischen Staat ginge es um strategische Einflussnahme. Soweit eigentlich nicht ungewöhnlich: Es gibt eine Fraktion, die setzt in der globalen Konkurrenz der Machtblöcke auf Wandel durch Annäherung. Und es gibt eine zweite Fraktion, die setzt auf das Gesetz des Stärkeren.

Sonderlich sympathisch finde ich keine der beiden Positionen.

(wst)