Die großen Lügen der künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz ist objektiv, neutral und agiert stets streng logisch? So soll zum Beispiel Emotionserkennung möglich sein oder Software für die Bewerberauswahl. Ist man da etwas zu optimistisch?

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Die großen Lügen der künstlichen Intelligenz

(Bild: Shutterstock)

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Maschinen, heißt es, können nicht lügen. Sie geben genau das wieder, was sie berechnet haben. Oder was ihnen einprogrammiert wurde. Menschen sind da schon fantasievoller. Auch wenn sie nicht direkt lügen, können sie die Wahrheit auf vielfältige Weise kreativ bearbeiten: Sie lassen Fakten weg, deuten an, arbeiten mit unscharfen Analogien und suggestiven, schillernden Schlüsselbegriffen. Genau das passiert derzeit beim Thema künstliche Intelligenz.

Intelligente Maschinen können Informationsmengen ver­arbeiten, die ein Mensch nicht fassen, Muster erkennen, die ein Mensch nicht sehen kann, logische Ketten in einer Tiefe analysieren, die ein Mensch nicht durchdenken kann. Nun glauben Firmen, diese Fähigkeiten auf sämtliche Lebensbereiche anwenden zu können. Einige bringen ihren Maschinen bei, Bewerber zu beurteilen und ihre Eignung für einen Job vorherzusagen. Andere lehren sie, Gefühle zu messen und zu ermitteln, wie Menschen im nächsten Moment reagieren. Sie versprechen Sprachassistenten, die etwa einen Tisch im Restaurant reser­vieren können. Und sie behaupten, dass wir so von lästiger ­Routinearbeit verschont werden und uns erfüllenden kreativen Tätigkeiten hingeben können.

Die Versprechungen sind wenig verwunderlich. Denn wie kaum ein anderer Begriff ist künstliche Intelligenz zum extrem unscharfen Synonym für Fortschritt geworden. Denn im technischen Sinne umfasst der Begriff künstliche Intelligenz eine ganze Reihe von Methoden, von denen einige – vor allem im Bereich des maschinellen Lernens – beeindruckende Fortschritte erzielt haben. Tatsächlich wären sprachgesteuerte Assistenten wie Alexa oder Siri und Übersetzungssoftware wie DeepL ohne diese Fortschritte nicht möglich. Doch maschinelles ­Lernen ist immer noch auf enge Wissensgebiete beschränkt. Andere Teilgebiete der KI, die sich mit der Darstellung und ­Verarbeitung von Wissen auf einer abstrakteren, höheren Ebene beschäftigen, verzeichnen kaum Fortschritte, weil sie völlig aus der Mode gekommen sind. Und weil alles, was mit maschinellem Lernen zu tun hat, im Moment ­Risikokapital quasi magisch anzieht, der Rest aber als wenig sexy und unmodern gilt.

(wst)