Roboter gegen Corona-Krise

Auch Robotik-Forscher sind von der Corona-Krise betroffen, sie können sich nicht treffen. Nun präsentieren sie virtuell technische Lösungen für die Pandemie.

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Roboter gegen Corona-Krise

Auf der HRI 2017 in Wien wurden Telepräsenzroboter erprobt Sie benötigten jedoch intensive menschliche Betreuung.

(Bild: heise online / Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
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Roboter könnten so nützlich sein, gerade jetzt. Sie könnten in Krankenhäusern Flächen und Gegenstände desinfizieren, Atemmasken transportieren oder aufpassen, dass niemand den Quarantänebereich verlässt. Aber es ist wie schon vor neun Jahren beim Reaktorunfall in Fukushima: Wenn man sie braucht, sind sie doch wieder irgendwie verhindert.

Das betrifft auch die Robotikforscher selbst. Die hätten sich in dieser Woche eigentlich im britischen Cambridge treffen wollen, um auf der Konferenz Human-Robot Interaction (HRI) darüber zu diskutieren, wie sich das Zusammenleben von Menschen und Robotern gestalten lässt. Nun reichen sie ihre Präsentationen als Videos ein, die virtuelle Konferenz soll am 1. April online gehen. Die Vortragstexte sind für begrenzte Zeit jetzt schon frei zugänglich.

Drei davon beschäftigen sich mit einer Technik, die geeignet wäre, die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung auch aus der Ferne zu ermöglichen: Telepräsenz mithilfe von Robotern. So haben Naomi T. Fitter (Oregon State University) und ihr Forschungsteam untersucht, inwieweit sich die Personalisierung eines Telepräsenzroboters auf die Zusammenarbeit mit einem menschlichen Teammitglied auswirkt. In der Studie ging es um die Zusammenarbeit von zwei Personen, von denen eine durch den Roboter repräsentiert wurde. Die Personalisierung konnte durch Kleidungsstücke, Perücken, Namensschilder oder frei wählbare Gegenstände erfolgen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Zusammenarbeit stärker von der sozialen Nähe zwischen den beiden menschlichen Teilnehmern des Experiments beeinflusst wurde als durch die Gestaltung des Roboters.

Pragathi Praveena (University of Wisconsin, Madison) und seine Ko-Autoren haben sich mit der Frage beschäftigt, wie sich ein Gefühl für Gewichte bei der Bedienung eines Roboterarms auf den Bediener übertragen lässt. Dabei untersuchten die Forscher die Tauglichkeit eines "pseudohaptischen" Verfahrens, bei dem das Gewicht eines Objekts durch Verlangsamung der Bewegungen des Roboterarms visuell vermittelt wurde. Es zeigte sich, dass der Zusammenhang dieser Verzögerungen mit der Gewichtsbelastung von unerfahrenen Nutzern nicht gleich verstanden wurde. Für geübte Operatoren konnte die Fernsteuerung auf diese Weise aber erleichtert werden.

Eng verwandt mit dieser Studie sind die ebenfalls an der University of Wisconsin durchgeführten Untersuchungen zu Auswirkungen verschiedener Arten von Verzögerungen auf die Robotersteuerung. Die von Daniel Rakita geleiteten Experimente nutzten ein Master-Slave-System, bei dem die Armbewegungen des Nutzers eins zu eins auf einen Roboterarm übertragen wurden. Selbst unerfahrene Nutzer kamen dabei recht gut mit einem Roboterarm zurecht, der sich langsamer bewegte als sie selbst. Verzögerungen, die durch die Signalübertragung verursacht wurden, ließen sich dagegen nur schwer kompensieren.

Das sind interessante Forschungen, die aber zugleich zeigen, dass die Technik von einer Einsatzreife noch weit entfernt ist. Tatsächlich hatten die Telepräsenzroboter, die auf HRI-Konferenzen der vergangenen Jahre zu sehen waren, eher experimentellen Charakter und mussten immer wieder manuell unterstützt werden, wenn sie sich irgendwo festgefahren hatten. Die Vorstellung, auf dieser Grundlage in absehbarer Zeit Konferenzen mit über tausend Teilnehmern durchführen zu wollen, ist abwegig.

Vor diesem Hintergrund könnte es zunächst überraschen, dass in der aktuellen Ausgabe von Science Robotics ein internationales Autorenteam um Guang-Zhong Yang (Shanghai Jiao Tong University), dem Herausgeber der Zeitschrift, für den vermehrten Einsatz von Robotern während Epidemien wie der gegenwärtigen wirbt. Die Wissenschaftler verweisen darauf, dass bereits nach dem Ebola-Ausbruch im Jahr 2015 drei Bereiche identifiziert worden seien, in denen Robotik von Nutzen sein könnte: für klinische Aufgaben wie Desinfektion oder telemedizinischer Beratung, für den Transport von Gewebeproben und Medikamenten sowie bei der Überwachung von Grenzanlagen oder Quarantänemaßnahmen.