Musik zum Abend

Netflix leer geschaut? Die Lieblingsspiele alle schon dreimal durchgezockt? Und mit linearem Fernsehen braucht man Ihnen schon gar nicht zu kommen? Da hätten wir vielleicht was für Sie: Noch bis zum zehnten Mai könnten Sie im AI Song Contest für ihren Lieblingssong von ihrem Lieblingscomputer stimmen.

Richtig gelesen: „AI Song Contest“. Sowas wie der internationale Schlagerwettbewerb, nur das die Musik und die Text von Software generiert wurden.

Die Frage, ob Computer wirklich kreativ sein können, fasziniert mich seit Jahren. Denn wenn tatsächlich kein „göttlicher Funke“ hinter einem brillanten Einfall steckt, sondern Prozesse, die sich mit Naturgesetzen erklären lassen, kommen diese Ideen ja nicht aus dem Nichts. Was wiederum bedeutet, dass diese Prozesse ganz grundsätzlich nicht nur auf biologischer Hardware laufen, sondern wahrscheinlich auch auf elektronischen Schaltkreisen.

Die britische Forscherin Maggie Boden, die sich auf solche Fragen spezialisiert hat, unterscheidet verschiedene Formen von Kreativität. Am einfachsten durch Computer nachzubilden ist ihrer Meinung nach die kombinatorische Kreativität, bei der Regeln für den Aufbau eines Bildes oder eines Musikstücks einfach neu zusammengesetzt und variiert werden. Die Maschine grast einfach systematisch den ganzen Suchraum ab. Was dabei herauskommt, kann interessant sein, muss es aber nicht.

Von daher war ich von den Beiträgen in dem Wettbewerb recht überrascht. Um so mehr wenn man weiß, dass das australische Team beispielsweise sein neuronales Netz mit Audio-Dateien von Kookaburars und Koalas trainiert hat. Dafür kommt ihr Song „Beatiful The World“ überraschend glatt und gefällig daher. Das „Team Dadabots x Portrait XO“ dagegen klingt mehr wie der Laie sich moderne Kunst vorstellt: rauh, bruchstückhaft und avantgardistisch. Aber hören Sie selbst. Mein Favorit ist „Violent Delights have Violent Ends“ vom Team Beatroots aus Belgien. Bin gespannt auf Ihre Wahl.

(wst)