Recht auf Reparatur: Ein-Mann-Werkstatt verliert doppelt

Apple hat in einem Rechtsstreit ­Markenrechte in Norwegen durch­gesetzt, um den Import von ­Ersatz-iPhone-Displays aus Asien zu untersagen.

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Recht auf Reparatur: Ein-Mann-Werkstatt verliert doppelt
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Der iPhone-Konzern hat sich vor dem obersten Gericht Norwegens in einem zwei Jahre währenden Rechtsstreit um importierte Ersatz-iPhone-Displays gegen Henrik Huseby durchgesetzt. Huseby betreibt in der Stadt Ski die unabhängige Reparaturwerkstatt PCKompaniet.

Unabhängige Werkstätten verfolgen den Fall aufmerksam, denn sie müssen bislang auf iPhone-Komponenten aus teils fragwürdigen Quellen zurückgreifen, weil Apple Originalersatzteile entweder selbst verbaut oder ausschließlich an autorisierte Handelspartner ausgibt. Nur solche Werkstätten könnten eine ordentliche Reparatur garantieren, rechtfertigt sich Apple.

Im Sommer 2019 hat der Konzern zwar angekündigt, erstmals auch iPhone-­Ersatzteile an unabhängige Händler zu liefern, doch das „Independent Repair Provider Program“ läuft bislang nur in den USA. Womöglich will der Konzern so Gesetzesentwürfen von rund 20 US-Bundesstaaten zuvorkommen, die Verbrauchern ein noch umfassenderes Reparaturrecht durch unabhängige Werkstätten einräumen sollen, als Apple es nun zubilligt.

Husebys Fall kam ins Rollen, als der norwegische Zoll im Jahr 2017 auf Oslos Flughafen Gardermoen 63 iPhone-Displays beschlagnahmte, die Huseby in Hongkong bestellt hatte. Der Zoll informierte auch Apple, denn jedes Display war mit einem Apple-Logo versehen. Apple verlangte daraufhin von Huseby rund 3000 Euro Schadenersatz wegen der Verletzung von Markenrechten und auch eine Verpflichtung, solche Produkte künftig nicht mehr einzukaufen. Huseby lehnte ab, der Fall kam 2018 vor Gericht.

In erster Instanz gewann Huseby: Das Bezirksgericht in Oslo befand, der Händler habe keine Markenrechte von Apple verletzt, da er nie behauptet hatte, unbenutzte Originalteile zu verkaufen oder zu verbauen. Das Logo auf den Bildschirmen sei „verdeckt“ gewesen und der Dienstleister habe kein Interesse, es freizulegen.

Es ist durchaus üblich, dass chinesische Händler Apple-Logos auf reparierten Geräten schwärzen, um Markenrechte nicht zu verletzen. Denn oberflächlich lassen sich instandgesetzte Displays zwar nicht vom fabrikneuen Original unterscheiden, aber durchaus noch anhand ihrer Seriennummer. Bei der Reparatur eines zerbrochenen Displays lösen Spezialfirmen nur die Glasscheibe von der darunterliegenden Anzeige ab und überziehen diese, sofern sie unbeschädigt ist, mit einer neuen Glasschicht mit Touch-Funktion; der Rest bleibt unverändert. Vor dem Versand werden daher sämtliche Apple-Logos, etwa auf den winzigen Verbindungskabeln zwischen Bildschirm und der Hauptplatine geschwärzt. „Die Marke Apple wird also nicht benutzt“, erklärte Huseby.

Im Berufungsverfahren von 2019 gewann aber dennoch Apple. Huseby konnte zwar vor Gericht nachweisen, dass er Displays in Originalqualität für bis zu 50 Dollar das Stück auf dem Graumarkt geordert hatte. Doch die Screens, die der Zoll beschlagnahmt hatte, stellten sich als minderwertige Fälschungen heraus. Sie waren alle mit ein und derselben gefälschten Seriennummer und einem Apple-Logo versehen. Ähnliche Qualität war laut Gutachtern woanders auch für elf Dollar das Stück erhältlich.

Um den Fall umfassend aufzuklären, hatte das Berufungsgericht sogar den Reparaturaktivisten Louis Rossmann als Gutachter bestellt. Rossmann betreibt in New York eine Werkstatt und hatte in einem international beachteten Fall gezeigt, dass Apple für die Reparatur eines MacBooks über 1200 Dollar verlangte, obwohl nur ein Kontakt-Pin des Bildschirms verbogen war, was sich für etwa 75 bis 150 Dollar reparieren lässt. Vor Jahren hatte Apple auch Rossmann verklagt, wegen Beschaffung angeblich gefälschter MacBook-Akkus.

Im Prozess in Oslo stellte sich der Gutachter dennoch an die Seite von Apple. Die gefälschten Displays seien zwar nicht Huseby anzulasten, sondern dem Lieferanten. Aber Apple sei im Recht, sich gegen die Verbreitung von Fälschungen zu wehren.

So befand das Berufungsgericht, dass es sich bei den importierten Displays um illegale Kopien handelte. Der Oberste Gerichtshof Norwegens bestätigte diese Sichtweise nun mit dem Verweis auf Markenverletzung gemäß Abschnitt 4 des norwegischen Markengesetzes.

Huseby bleibt nun doppelt geschlagen zurück: Er ist nicht nur einer Fälscherwerkstatt aufgesessen, sondern muss dafür auch noch den Kopf hinhalten und Kosten von über 20.000 Euro tragen. Ende 2019 hatte die Innitiative „Right to Repair“ zu einer Spendenaktion für Huseby aufgerufen. Kurz vor Druckschluss dieser c’t waren etwas über 8000 Euro eingegangen.

Befremdlich wirkt, dass Apple über eine Verfolgung der eigentlichen Verletzer seiner Markenrechte bisher gar nichts vermeldet hat. Eine Bitte um Stellungnahme ließ der Konzern unbeantwortet.


Dieser Artikel stammt aus c't 14/2020. (dz)