Ärzte im Home Office: Mehr als 50 Prozent bieten plötzlich Fern-Sprechstunden an

Die Corona-Pandemie hat die Haltung deutscher Arztpraxen auf den Kopf gestellt: Die Mehrheit lehnte Video-Termine vorher ab, jetzt bieten die meisten sie an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 4 Kommentare lesen
Telemedizin: Ärztetag gibt Weg für ausschließliche Fernbehandlung per Chat und Video frei

(Bild: Billion Photos/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis
Mehr Infos rund um das Coronavirus

Nicht erst seit den Beschränkungen während der Coronavirus-Pandemie dürfen deutsche Ärzte einschließlich Psychotherapeuten ihre Patienten auch per Video befragen und untersuchen – aber kaum eine Praxis machte davon Gebrauch, wohl auch, weil kein großer Bedarf bestand. Mit der Pandemie aber hat sich das schlagartig geändert: Zuletzt bot mehr als die Hälfte der deutschen Mediziner auch Video-Sprechstunden an und weitere zehn Prozent haben es kurzfristig vor.

Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Studie der gemeinnützigen Stiftung Gesundheit hervor, die dazu repräsentativ 2.240 ambulant tätige Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten befragen ließ. Demnach hat das Coronavirus neben vielem anderem auch die Situation bei Fern-Medizin in Deutschland geradezu auf den Kopf gestellt: In einer Befragung durch dieselbe Stiftung Ende 2017 hatte sich noch eine deutliche Mehrheit von 57,7 Prozent gegen Video-Sprechstunden ausgesprochen, und nur 1,8 Prozent statt heute plötzlich 52,3 Prozent boten sie an.

Dazu könnte auch beigetragen haben, dass eine bislang geltende Begrenzung von maximal 20 Prozent Arzt-Termine auf Entfernung wegen der Pandemie für die meisten Fachrichtungen ausgesetzt wurde. Zudem gab es laut der Studie eine direkte Empfehlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an ihre Mitglieder, wenn möglich per Video zu arbeiten.

Die Risiken von Präsenz-Medizin in einer Pandemie sind ja auch offensichtlich: Arztpraxen gehören zu den Orten mit hohem Durchlauf (und bei schlechter Organisation langer Verweildauer) von kranken Menschen, die trotz Hygiene-Vorkehrungen gute Voraussetzungen für die Weiterverbreitung von Viren bieten. Zudem müssen Ärzte für manche Untersuchungen nah an ihre Patienten heran, was mit einer Kamera natürlich sicherer ist als mit dem eigenen Auge. Dass ihr Video-Angebot durch das Corona-Umfeld motiviert ist, bestätigten in der Umfrage rund 90 Prozent der Teilnehmer, 94 Prozent sagten, es erst in diesem Jahr eingeführt zu haben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bei der Betrachtung nach Haus- und Fachärzten (also Allgemein-Medizinern und Spezialisten) sieht es zunächst so aus, als seien die Fachärzte technikfreundlicher: Von ihnen setzten 57,3 Prozent Video bereits ein und 8,7 Prozent gaben an, das bald vorzuhaben, während Hausärzte nur zu 35 Prozent schon dabei sind und 14,8 Prozent nachziehen wollen. So ergibt sich eine Quote von zwei Dritteln Spezialisten mit Video-Angeboten oder -Plänen und nur 50 Prozent bei der Allgemein-Versorgung.