Urheberrechtsreform: Klares Bekenntnis gegen Upload-Filter gefordert

"Gute Ansätze" machen Experten etwa aus CDU-Kreisen im neuen nationalen Entwurf zur Urheberrechtsreform aus. Es müsse aber noch nachgebessert werden.

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Urheberrechtsreform: Klares Bekenntnis gegen Upload-Filter gefordert

(Bild: gotphotos/Shutterstock.com)

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Die Initiative, mit dem das Bundesjustizministerium Artikel 17 der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie zur Haftung von Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten wie Facebook, YouTube, TikTok und Twitter umsetzen will, stößt auf ein geteiltes Echo. Die damit vorgesehene Pauschalvergütung für die Nutzung geschützten Materials "ist durchaus nachvollziehbar", erklärte Oliver Süme vom eco-Verband der Internetwirtschaft. Wie Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) aber behaupten könne, dass damit Upload-Filter "weithin überflüssig" würden, sei unbegreiflich.

Mit dem am Mittwoch veröffentlichten Entwurf verweise das Ressort klar auf Pflichten, nicht erlaubte Wiedergaben zu sperren und dafür entsprechende Algorithmen zu verwenden, erläutert Süme. Er fordert: "Wir brauchen hier eine eindeutige Abgrenzung und ein klares Bekenntnis gegen den Einsatz von Upload-Filtern." Für den Verband bleibt der Entwurf so deutlich hinter den zu Protokoll gegebenen Zusagen der Bundesregierung im EU-Rat zurück. Zudem liege die Entscheidung und die entsprechende Verantwortung weiterhin beim Betreiber, der sich dem Risiko von Unterlassungsklagen ausgesetzt sehe und das Kostenrisiko etwaiger gerichtlicher Verfahren tragen müsse.

"Die Bundesregierung bricht ihr Versprechen, bei der Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform auf Upload-Filter zu verzichten", beklagt auch Julia Reda von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. "Zu begrüßen ist, dass der Vorschlag neue Urheberrechtsausnahmen vorsieht und so weite Teile der Alltagskultur im Netz erstmals legalisieren würde." Ein "Recht auf Remix" sei schon lange überfällig. Für die frühere EU-Abgeordnete ist dies "ein Verdienst der Hunderttausenden, die letztes Jahr gegen Upload-Filter auf die Straße gegangen sind."

Jörg Müller-Lietzkow, Sprecher des CDU und CSU nahestehenden Vereins Cnetz, hat in dem Entwurf "viele gute Ansätze" ausgemacht. Vor allem der geplante "Pre-Flagging-Mechanismus" für gesetzlich zulässige Kopien etwa für Memes sei innovativ und führe eine Art Unschuldsvermutung für Nutzer-Uploads ein, erklärte er gegenüber heise online. Der Professor für Ökonomie und Digitalisierung an der HafenCity Universität Hamburg lobte zudem, dass das Ministerium eine Bagatellklausel mit einer vergüteten Pauschallizenz für nicht-kommerzielle Werknutzungen eingeführt habe. Diese Idee habe das Cnetz bereits voriges Jahr entwickelt.

Das Ressort sei aber nur "die Hälfte des Wegs gelaufen", kritisierte der Medienökonom, da es an Upload-Filtern letztlich nicht vorbeikomme. Hier wäre etwa das Modell eines Zertifizierungsservers besser gewesen, das mit digitalen Wasserzeichen arbeite. Für Startups bleibe zudem unklar, was mit nutzergenerierten Beiträgen passiere, wenn die dreijährige Ausnahmeklausel vorbei sei. Müssten dann alle zuvor hochgeladenen geschützten Bilder, Texte oder Videos gelöscht werden oder gebe es einen Bestandsschutz? Insgesamt sei das Papier besser, als die Vorlage aus Brüssel, bedürfe aber noch "deutlicher Überarbeitung".

Rechts-, Kultur- und Medienexperten der SPD-Bundestagsfraktion haben in dem Entwurf ihrer Kollegin "überzeugende Vorschläge für ein faires und modernes Urheberrecht" ausgemacht. Dabei würden die Rechte auf Vergütung kreativer Leistung ebenso ausdrücklich anerkannt "wie die heute weit verbreiteten und gängigen Nutzungsformen urheberrechtlich geschützter Werke und die Rolle, die Plattformen faktisch innehaben". Unter Wahrung der Meinungsfreiheit "werden all diese berechtigten Interessen bestmöglich ausgeglichen".

Martin Gerecke, Rechtsanwalt bei der Kanzlei CMS, verwies auf das Problem, dass betroffene Portal-Betreiber "offensichtlich rechtswidrige Inhalte" sperren müssten. Es bleibe unklar, wie sie sie bei der Masse an minütlich hochgeladenen Inhalten erkennen sollen, was unter diese Kategorie falle. Der Jurist wittert daher einen "Verstoß gegen das Verbot proaktiver Prüfpflichten von Online-Plattformen" aus dem Telemediengesetz. Sperrentscheidungen müssten "immer von Menschen getroffen werden", verlangt daher auch die Aktivistin Reda. "Sonst sind weitreichende Eingriffe in die Grundrechte vorprogrammiert."

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Das Ressort habe sich zumindest bemüht, "mit Blick auf die Upload-Filter-Frage doch noch die Quadratur des Kreises hinzukriegen", konstatierte die netzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Tabea Rößner. Das Vorhaben sei aber zu vage. So werde etwa nicht klar, ob die Klausel eine "europarechtswidrige allgemeine Überwachungspflicht" darstellen würde, wovor die Grünen auf Basis eines Gutachtens warnen.

Angetan von der Regel, "dass jetzt die Plattformen und nicht die Nutzer für die Klärung der Rechte verantwortlich sind", ist die Initiative Urheberrecht, in der über 35 Verbände und Gewerkschaften zusammenarbeiten. Verwertungsgesellschaften würden geeignete Lizenzen entwickeln und "mit dem Instrument der erweiterten Kollektivlizenzen ihren Rechteumfang vervollständigen". Das Papier biete so "eine hervorragende Grundlage für einen konstruktiven Dialog" aller Beteiligten wie Künstler, Kulturwirtschaft, Netzaktivisten und Produzenten von selbstproduziertem Content.

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(bme)