WTF?

Eine KI macht Vorschläge, wie wir Sätze höflicher formulieren könnten. Wo soll das alles noch enden?

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Das Netz ist ein raues Pflaster. Denn offensichtlich neigen Menschen dazu, in der rein schriftlichen - und noch dazu asynchronen - Kommunikation Dinge zu formulieren, die sie jemand anders so niemals direkt ins Gesicht sagen würden. Manchmal geschieht das absichtlich und aus reiner Bosheit - in vielen anderen Fällen nur aus Gedankenlosigkeit.

Zum Glück für die Menschheit gibt es Informatiker, und es gibt Künstliche Intelligenz, die man ja mittlerweile auf alles mögliche trainieren kann. Und so haben Wissenschaftler der Carnegy Mellon University jetzt einer KI beigebracht, Formulierungsvorschläge zu machen, die eingegebene Sätze höflicher klingen lassen. Kein Scherz. Es gibt eine Pressemitteilung dazu und ein wissenschaftliches Paper.

What the Fuck? Oh, Pardon, ich meine, "Wie haben die das denn gemacht? Das ist ja unglaublich." Technisch ist das tatsächlich sehr beeindruckend, denn die Wissenschaftler haben einen so genannten Style Transfer gemacht. Das kannte ich bisher nur von Bildern. Da nimmt man ein neuronales Netz und trainiert es mit - sagen wir mal - einem Haufen Bilder von von Gogh. Dann nimmt man ein Bild, das ein ähnliches Motiv hat, wie eines der van Gogh-Bilder, und überträgt den Stil. Das macht man - ganz grob gesagt - in dem man einem zweiten neuronalen Netz beibringt, an welchen Knöpfen es drehen muss, damit das Input-Bild dem Zielbild möglichst ähnlich sieht. Das funktioniert tatsächlich meistens - und wenn nicht sehen die Resulatate eher nach einem schlechten Trip aus als nach Kunst. Dass das jetzt aber mit Text gehen soll, finde ich beeindruckend, aber auch ein wenig beängstigend.

Bisher ist die Software nur in Englisch trainiert worden. Aber das Prinzip mĂĽsste, wenn ich das richtig verstehe, auch in jeder beliebigen anderen Sprache funktionieren. Denn die KI muss bei dieser Technik inhaltlich rein gar nichts verstehen. Man braucht auch keine Regeln, die auf Grammatik oder Syntax aufpassen. Alles, was man braucht, sind viele, annotierte Beispiele, mit der die Maschine trainieren kann.

Fun Fact: Die CMU-Forscher verwendeten für ihre Arbeit den so genannten Enron Korpus. Das sind Emails von Angestellten des amerikanischen Energieunternehmens Enron, das 2001 in Folge zahlreicher Bilanzfälschungen zerschlagen wurde. Wie auch immer: Die Maschine macht jetzt Vorschläge, wie Formulierungen höflicher gestaltet werden. Das geht nach Angaben der Autoren über das stumpfe Einfügen von „Bitte“ und „Danke“ hinaus. Aus „Lösch Dich!“ könnte also vielleicht werden: Würden Sie bitte so freundlich sein, Ihren Account zu löschen? Denn wie heißt es doch so schön: Lächeln ist die freundlichste Art, die Zähne zu zeigen.

(wst)