Haltbare Klassiker: Gebaut, um zu bleiben

Manch ein automobiler Stern verglüht rasch, andere entwickeln sich zu kapriziösen Diven. Diese Klassiker dagegen sind verlässliche Begleiter.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 44 Kommentare lesen
BMW 5er E34

(Bild: BMW)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Haiko Prengel
Inhaltsverzeichnis

"Früher war alles besser" - in Bezug auf Autos kann man das getrost vergessen. Über die angeblich gute alte Zeit hat sich vielfach der milde Schleier der Erinnerung ausgebreitet, der so manches verhüllt. Es gab Zeiten, da spendierte VW jedem Käfer-Fahrer eine Armbanduhr, wenn er es mit dem ersten Motor auf mehr als 100.000 Kilometer gebracht hatte. Wäre der Konzern dabei geblieben, wäre er heute Uhren-Lieferant im großen Stil.

Dennoch hat es in der Vergangenheit eine Reihe von Autos gegeben, die außergewöhnlich haltbar waren. Mit etwas Pflege sind manche Exemplare dieser Zusammenstellung kaum kaputtzukriegen. Unsere Liste erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Kandidaten sind nicht perfekt, haben aber einen guten Kern.

(Bild: VW)

Wenn Autos Flüssigkeiten verlieren, kann man sich Sorgen machen. Beim Golf II (1983 bis 1992) ist es dagegen üblich, dass auch nach Jahren noch dickflüssige Substanz aus den Türen und den Rändern der Kofferraumklappe suppt. Das ist Konservierungswachs, mit dem jeder Golf seinerzeit im Werk regelrecht geflutet wurde. Rost hatte so wenig Chancen, im Gegensatz etwa zum damaligen Konkurrenzmodell von Opel – dem Kadett E. Von dem sind die meisten Exemplare längst weggefault. Der Golf II ist dagegen bis heute auf den Straßen präsent, weil auch seine Technik einfach, aber solide ist. Das gilt insbesondere für den 1,8-Liter-Motor mit 90 PS.

(Bild: Volvo)

Der Volvo 240/260 kam 1974 auf den Markt, in Rente ging der kantige Hobel erst 1993 – also fast 20 Jahre später. Das kann man wohl als Qualitätssiegel deuten, und tatsächlich setzte die Baureihe seinerzeit Maßstäbe, insbesondere bei der passiven Sicherheit. Die Fahrgastzelle konstruierten die Ingenieure für damalige Verhältnisse extrem robust bei gleichzeitig butterweichen Knautschzonen. Die Karosseriebleche waren hochwertig, Liebhaber schwärmen vom berühmten Schwedenstahl.

Dazu kamen sehr langlebige Motoren, jedenfalls bei den Vierzylinder-Modellen des 240ers. Den 2,3-Liter (113 PS) kann man eigentlich nur mutwillig zerstören, indem man etwa ohne Öl fährt. Als sogenannter Freiläufer macht ihm auch ein Zahnriemen-Riss nichts aus, bei dem andere Autos mit Motorschaden aus dem Leben scheiden.

(Bild: Mercedes)

Auch der Mercedes W124 (1984 bis 1997) hielt sich lange auf dem Markt. Der Begründer der E-Klasse gilt unter Fans als „letzter echter Benz“, weil bei seiner Entwicklung noch die Konstrukteure das Sagen hatten und nicht die Controlling-Abteilung. Die vom Mercedes 190 E übernommene Raumlenker-Hinterachse beispielsweise war für damalige Verhältnisse überragend, was den Fahrkomfort betraf. Der hohe Anspruch zeigt sich aber auch an kleinen Details wie der Öldruckanzeige im Cockpit, die Rückschlüsse auf den Zustand des Motors erlaubt.

Die alten Saugdiesel des W124 schafften eine halbe Million Kilometer und mehr – Taxifahrer schwärmen heute noch vom guten, wenn auch etwas lahmen 250D. Aber auch die Benziner sind für hohe Laufleistungen gut, mit der Umstellung auf Vierventiltechnik 1992 wurden sie zudem sparsamer. Der Rostschutz war dagegen bei früheren Modellen besser. Als Daimler 1993 auf Lacke umstellte, die als Lösungmittel Wasser nutzten, griff Korrosion fortan verstärkt um sich.

Mazda

Mit dem MX-5 brachte Mazda 1989 den Roadster für Schnäppchenjäger heraus. Wenige Autos sind so günstig im Unterhalt wie die erste Generation des MX-5. Das praktisch zeitlose Sommerauto ist schrauberfreundlich, und Ersatzteile sind reichlich und zu vergleichweise günstigen Preisen erhältlich. Selbst wenn das Verdeck mal erneuert werden muss, ist das kein finanzielles Fiasko. Ein neues Dach kostet rund 500 Euro. Motorprobleme tauchen selten auf, wohl aber Rost. Hier sollten Interessenten ganz genau schauen und sich Zeit für eine gründliche Inspektion nehmen.

Mit seiner tollen Straßenlage und dem Gokart-Feeling läutete der Mazda MX-5 in den 1990er-Jahren eine Renaissance des damals vor dem Aussterben bedrohten Roadsters ein. Beim Marktstart in Deutschland vor 30 Jahren waren die ersten Exemplare binnen weniger Tage ausverkauft. Für Mazda wurde der MX-5 in den Folgejahren zum Bestseller. Andere Hersteller zogen mit eigenen Modellen nach – etwa Mercedes mit dem SLK oder BMW mit dem Z3. Diese sind in Anschaffung und Unterhalt aber teils deutlich kostspieliger.

(Bild: BMW)

Die obere Mittelklasse der Münchner aus den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren steht für eine Motorenqualität, von deren Nimbus der Hersteller bis heute zehrt. „Eisenschwein“ nennen Liebhaber etwa den unverwüstlichen M30-Motor aus dem 530i und 535i. Seine Grundkonstruktion reicht in die 1960er-Jahre zurück, kaputt bekommt man dieses Aggregat kaum.

Aber auch die kleineren Reihensechszylinder 520i und 525i machen lange Spaß – allerdings mehr mit ihrer wunderbaren Laufruhe als mit kraftvoller Leistungsentfaltung im unteren Drehzahlbereich. Die Bandbreite der Sechszylinder reicht vom Zahnriemen-M20, der bis 1990 hier eingebaut wurde, bis zum M50, der ab 1992 Vanos gegen die Drehmomentschwäche im unteren Drehzahlbereich bekam. Die variable Nockenwellenverstellung gilt im Alter als etwas anfällig.

Kenner suchen aber nicht nur deshalb eher nach einem früheren Modell: Wie Mercedes stellte auch BMW 1993 die Lackierung um, was die Rostanfälligkeit erhöhte. Die Ersatzteilversorgung ist hervorragend. Neben den üblichen Verschleißteilen hält BMW auch noch Karosserie- und Interieurkomponenten auf Vorrat.

(Bild: Saab)

Als der Saab 900 im Jahr 1978 auf den Markt kam, dominierten in der Mittelklasse Stufenheck-Limousinen. SUV gab es noch nicht, und Kombis wurden von Handwerkern gefahren. Der Saab 900 muss damals auf viele Autofahrer gewirkt haben, als käme er aus der Zukunft. Das Fließheck war schräg und lang gezogen schräg. Mit seinen revolutionären Karosserie-Linien erinnerte der elegante Gleiter daran, was Saab ursprünglich war: ein Flugzeugbauer.

Das passte gut zusammen, denn auf den Autobahnen avancierte der Saab 900 vor 40 Jahren zum Abfangjäger – insbesondere die Turbo-Versionen. Saab machte seinerzeit den Turbolader populär, die Marke gilt als Pionier des Downsizings. Dabei sind die Aggregate im 900 erstaunlich langlebig. Laufleistungen von mehreren Hunderttausend Kilometern sind bei normaler Pflege kein Problem. Auch die Rostvorsorge ab Werk ist gut, hinzu kommt eine solide Teileversorgung. Und das, obwohl die Automarke Saab vor einigen Jahren starb. Die frühere Saab Parts GmbH, heute Orio Deutschland GmbH, existiert aber weiter und kann die meisten Komponenten liefern.

(Bild: Toyota)

"Im Hybridantrieb steckt ein Motor zu viel", meinte der bekannte Motorenentwickler Fritz Indra einst. Wie er sich täuschen sollte: Toyota wurde für den Mut belohnt, dieses Konzept auf den Markt zu bringen und immer weiter zu perfektionieren, denn das Markenimage profitierte gewaltig. Was vielen nicht bewusst ist: Der Antriebsaufbau ist genial - und mechanisch betrachtet vergleichsweise simpel. Das macht den Prius, in allen Generationen, extrem zuverlässig und sehr lang haltbar. Wer sich mit dem stets eigenwilligen Design anfreunden kann, bekommt hier einen außergewöhnlich sparsamen und verlässlichen Begleiter.