BlackTea: Crowdfunding-Elektro-Moped aus München

Hedonismus, "Open-Source"-Ansatz und Crowdfunding: Der kräftige elektrische Scrambler aus München will ein betont unbeschwertes Retrobike für alle Tage sein.

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BlackTea - der elektrische Moped-Scrambler aus München

Wie eines jener Mokicks, die in den 80ern sehr verbastelt, angemalt und – so weit es das Taschengeld zuließ, Richtung Kleinkraftrad frisiert – vor jeder weiterführenden Schule parkten.

(Bild: BlackTea)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Elektro-Motorräder werden gerade überall auf der Welt fleißig von den etablierten Herstellern, vor allem aber auch von kleinen Firmen entwickelt. Die Antriebstechnik ist viel einfacher, was ganz neuen Mitspielern auch ohne erdrückende Investitionen Wege zur Produktion ermöglicht. Es gibt sehr fantasievolle, meist futuristisch angehauchte Modelle. Ein Start-up aus München geht bewusst einen anderen Weg. Es baut ein nostalgisches E-Krad "für Hedonisten".

BlackTea - Moped (15 Bilder)

Das Start-up BlackTea aus München will sein Elektromotorrad "Moped" nächstes Jahr auf den Markt bringen. Das Retro-Design verleiht der Sache einen gewissen Charme.
(Bild: BlackTea)

Das BlackTea Moped erinnert mit seinen Faltenbälgen an den Gabelholmen, doppelten Federbeinen, klobiger Sitzbank, schmalen Reifen und einer Schwinge aus dünnem Stahlrohr an längst vergangene Dekaden. Einen Tank inklusive schraubbarem Deckel im Stil von Zündapp GTS 50 oder Hercules MK1 bekommt man dazu, mit der Funktion "Coolness-Faktor". Einzig das LED-Tagfahrlicht, das digitale Cockpit und die Wave-Bremsscheibe am Vorderrad wollen nicht so recht zur Youngtimer-Optik passen. Eine Vollverschalung umgibt die Batterie. Der Elektromotor in der Hinterradnabe wirkt erst wie eine Trommelbremse, bei genauerem Hinsehen fällt erst die kleine Scheibenbremse daneben auf. Das kennt man bisher in eher sanfter Form bei Pedelecs und vom Fahrrad-Nachrüster Zehus. Am Prototypen von Buell, der Fuell Flow hingegen soll ein Nabenantrieb mit satten 750 Nm arbeiten.

Hinter BlackTea steht der Münchner Viktor Sommer. Er will die Optik der Mopeds als Retro-Design wiederbeleben. Das Moped entstand in den 1950er Jahren und wurde mittels Pedalen angetreten, die Bauform mit der 50-Kubik-Hubraumgrenze hielt sich bis in die 1980er Jahre hinein. Sommer hat bei seinem E-Moped allerdings auf Pedale und den typischen, tiefen Durchstieg verzichtet. Es sieht mit seinem "Tank" in Motorrad-Konfiguration ganz wie eines jener Mokicks aus, wie sie in den 80ern sehr verbastelt, dilettantisch angemalt und – so weit wie es das Taschengeld zuließ, Richtung Kleinkraftrad frisiert – vor jeder weiterführenden Schule parkten.

Noch während seiner Studienzeit an der Technischen Universität München hat er die BlackTea für zwei Hauptzwecke entwickelt: Zum Einsatz in der Stadt, wo das leichte Elektro-Bike zur abgasfreien Mobilität beitragen soll. Zudem soll es ein Spaßgerät für die Freizeit sein. Deshalb auch die grobstolligen Reifen. Zur Namensgebung kam es wegen Sommers Vorliebe für schwarzen Tee.

Der E-Motor bringt es in seiner Leistung kurzfristig auf 5 kW, im Dauerbetrieb auf 3 kW. Als maximales Drehmoment werden mächtige 180 Nm angegeben. Da die BlackTea laut Hersteller nur 79 Kilogramm wiegt, dürfte sie ein echtes Fun-Gerät für flotte Ampelstarts und ausgelassene Spielereien in der Kiesgrube sein. Ein schaltbares Getriebe gibt es nicht, was den Betrieb auch für Anfänger vereinfacht. Sommer verspricht eine Beschleunigung von 0 auf 50 km/h in 4,2 Sekunden.

Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 45 km/h begrenzt, so dass das E-Moped auch mit einem Autoführerschein gefahren werden darf. Aber Sommer möchte zum Serienstart im April 2021 drei Geschwindigkeits-Modi anbieten, damit die BlackTea auf privatem Gelände auch mit bis zu 80 km/h gefahren werden kann. Da das elektrische Moped aber als L1e-B-Fahrzeug homologiert ist wird, dürfte eine elektrische Entdrosselung per Knopfdruck juristisch zumindest fraglich sein.

BlackTea lässt sein Moped in China bauen, da die dortigen Hersteller über viel Erfahrung in Sachen E-Motoren verfügen und hunderttausende Elektro-Roller im Jahr bauen. Die Rahmenrohre bestehen aus Stahl, ebenso wie die 18-Zoll-Drahtspeichenräder. Der Akku hat eine Kapazität von 24,5 Amperestunden und soll eine Reichweite von bis zu 70 Kilometer ermöglichen. Für die Innenstadt also mehr als genug. Wem das trotzdem zu wenig erscheint, hat die Option noch eine zweite Batterie einzubauen oder die Akkus im Wechsel zu nutzen. Das Gewicht des Stromspeichers beträgt zehn Kilogramm, man kann sie mit wenigen Handgriffen herausnehmen und sie in die Wohnung oder ins Büro tragen und sie innerhalb von vier bis fünf Stunden an einer normalen Steckdose aufladen.