Streit über Betriebsrat bei N26: Management erwirkt einstweilige Verfügung

Mitarbeiter der Smartphone-Bank N26 wollten Versammlungen zur Gründung eines Betriebsrat abhalten, doch das Management zog vors Arbeitsgericht.

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Streit über Betriebsrat bei N26: Management erwirkt einstweilige Verfügung

(Bild: JulianJD/Shutterstock)

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Das Management des Banking-Startups N26 ist gerichtlich gegen Bemühungen seiner Mitarbeiter für die Gründung eines Betriebsrats vorgegangen. Diese wollten am heutigen Donnerstag und morgigen Freitag in einer Berliner Lokalität Veranstaltungen zur Bestimmung eines Wahlvorstands für die Betriebsratswahl abhalten. Das wurde jedoch durch eine einstweilige Verfügung verhindert, die N26 vor einem Berliner Gericht erwirkte, wie ein Sprecher des Unternehmens bestätigte. Zuerst hatte die Fintechseite Finance Forward darüber berichtet.

Grund für den Gang vor Gericht sei das Hygienekonzept für das Treffen im Berliner Hofbräuhaus gewesen, erklärte der Sprecher von N26. Weder die Initiatoren der Betriebsratsgründung noch der Betreiber der Lokalität hätten ein ausreichendes Konzept vorgelegt. N26 habe in Coronazeiten so der Sorgfaltspflicht für eine Veranstaltung während der Arbeitszeit nicht nachkommen können. Sobald ein ausreichendes Gesundheits- und Hygienekonzept vorliege, könne die Wahl des Wahlvorstandes aber wie geplant stattfinden, so der Sprecher.

Der Sprecher betonte auch, dass weder die Gründer noch das Managementteam von N26 sich gegen eine Arbeitnehmervertretung und -beteiligung stellten oder gegen sie vorgingen. Wenn Mitarbeiter das Bedürfnis hätten, "die Feedback-Kultur anders zu organisieren", werde dies respektiert und unterstützt. Allerdings favorisiere die Führung von N26 ein alternatives Konzept der Mitbestimmung, das auch Mitarbeiter in Auslandsstandorten wie etwa New York repräsentiere. Details zu dem Konzept, etwa ob Gremiumsmitglieder auch besonderen Kündigungsschutz wie bei einem Betriebsrat genießen, blieben aber offen.

In einem mutmaßlichen internen Schreiben der beiden Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal an die Mitarbeiter, aus dem Finance Forward zitiert, klingen der Respekt und die Unterstützung etwas anders. Ein Betriebsrat stünde "gegen fast alle Werte, an die wir bei N26 glauben", heiße es darin. Und weiter: "Antrieb: Es verlangsamt uns. Einfachheit: Es macht unsere Zusammenarbeit komplexer und hierarchischer. Integrität: Es untergräbt eine Kultur des Vertrauens und könnte zu einem erhöhten Maß an Konfrontation führen. Exzellenz: Es ist kein zeitgemäßes Instrument des Mitarbeiterengagements und schränkt die persönliche Karriereentwicklung und Wirkung ein."

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisierte das Vorgehen, Oliver Hauser von der Gewerkschaft sprach laut Finance Forward von einem "klaren Angriff auf die Bemühungen, einen Betriebsrat zu gründen". Er habe sich vor Ort davon überzeugen können, dass das Hygienekonzept ausreichend sei. Verdi kündigte demnach auch Widerspruch vor dem Arbeitsgericht an. Auch die Initiatoren sprachen via Twitter von sorgfältiger Planung.

Bei manchen Mitarbeitern scheint jedenfalls großer Unmut über das Betriebsklima in dem Fintech-Startup vorzuherrschen. Die Initiatoren der Betriebsratsgründung schreiben auf einer eigens eingerichteten Website, dass "Vertrauen und Zuversicht in das Management von N26 als Garanten des Wohlbefindens der Mitarbeiterschaft auf Allzeittief" liegen. Auch die Ergebnisse der jüngsten Mitarbeiter-Befragungen seien entmutigend. Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, brauche es Möglichkeiten, die Probleme ohne Druck des Managements diskutieren zu können. Ein Betriebsrat sei dafür die richtige Form.

[UPDATE, 13.08.2020, 16:15]

Den Initiatoren der Betriebsratsgründung ist es offenbar mit einem Kniff gelungen, die einstweilige Verfügung zu umgehen. Und zwar hat sich die Gewerkschaft Verdi bereiterklärt, als Gastgeber der Treffen zu fungieren. So könnten Mitarbeiter dennoch auf legalem Wege teilnehmen, hieß es. Lediglich die sechs N26-Mitarbeiter, gegen die sich die Verfügung richtete, bleiben den Treffen fern, schreibt Finance Forward.

Wahlvorstände für die Teil-Gesellschaft N26 Operations GmbH seien so am heutigen Donnerstag auch bereits ernannt worden, teilten die Initiatoren am Nachmittag mit. Am morgigen Freitag solle dann die Bestimmung der Wahlvorstände für die N26 GmbH folgen. Die Wahlvorstände organisieren dann die eigentliche Betriebsratswahl.

Wie Finance Forward berichtet, hatten die Gründer von N26 am gestrigen Mittwoch auch noch eine Einladung zu einem Meeting an die Mitarbeiter geschickt, das parallel zu der heutigen Veranstaltung stattfinden sollte. Dabei sollte die Idee einer "alternativen Arbeitnehmervertretung" vorgestellt werden. (axk)