Streit um Bezahlschnittstelle: Apples Vorgehen verärgert Entwickler

Sippenhaft für Unreal Engine und Entwickler als "Ladendiebe": Apples Vorgehen gegen Fortnite und andere Apps sorgt zunehmend für Unmut und Verunsicherung.

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Kistchen mit Geld

(Bild: olb/heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Langjährige Mac- und iOS-Entwickler zeigen sich besorgt über Apples Vorgehen im Streit um strikte App-Store-Regeln. Für Verunsicherung sorgt besonders Apples Androhung, wegen einer Regelverletzung des Spiels Fortnite den Hersteller Epic Games aus dem Entwicklerprogramm zu werfen und damit die Weiterentwicklung der Unreal Engine auf Apple-Plattformen zu erschweren bis unmöglich zu machen.

Lange war es problemlos möglich, Software für den Mac zu vertreiben, ohne dass dabei Apple direkt involviert gewesen ist. Mit Schutzmechanismen in macOS wie Gatekeeper und Notarisierung zwinge Apple Entwickler inzwischen aber praktisch dazu, sich für einen Developer-Account anzumelden, um auch ihre Mac-Apps signieren zu können, so der Indie-Entwickler Jeff Johnson. Damit habe Apple nun auch die Kontrolle über alle frei – also außerhalb des App Stores – für den Mac vertriebene Software erlangt und könne Entwickler jederzeit durch einen Rauswurf abstrafen.

Jüngst sorgte zudem ein Fall für Aufsehen, bei dem ein Anti-Malware-System bei Apple einen Developer-Account automatisch einfror und damit die Software des Entwicklers auf Macs zum Absturz brachte und mit einer Malware-Warnung kennzeichnete. Erst nach erheblicher öffentlicher Aufregung und rund 24 Stunden wurde das Problem korrigiert. Wie ein solcher Fehler überhaupt passieren konnte und was dies künftig verhindern soll, teilte Apple bislang nicht mit.

Dass der Konzern jüngst versucht habe, bei App-Anbietern wie WordPress eine Provision einzutreiben, sei beunruhigend, schreibt der Entwickler Brent Simmons und stellt die Frage, wie "Entwicklerangst" etwas gutes für die Plattform sein könne. Apple hat die an WordPress gestellte Vorgabe zur Integration der eigenen Bezahlschnittstelle inzwischen zwar zurückgezogen, aber erst nachdem die Geschichte für mediales Aufsehen sorgte. Zuvor wurde offenbar ein Update der WordPress-App über Wochen nicht freigegeben, obwohl Apple jüngst erst in Aussicht gestellt hatte, Bugfix-Updates in solchen Streitfällen nicht mehr zu blockieren.

iPhone-Apps dürfen digitale Inhalte nur über Apples Bezahlschnittstelle (Apples In-App-Purchase-System – IAP) verkaufen, der Konzern behält dabei automatisch bis zu 30 Prozent des Umsatzes ein. Diese Regel gilt seit rund zehn Jahren im App Store, auch Links zu externen Bezahlmöglichkeiten – etwa im Web – sind untersagt. Wenn Entwickler diese "virtuelle Kasse" vermeiden können sei das "das gleiche wie ein Kunde, der Produkte aus einem Apple-Laden klaut", Apple werde dann nämlich nicht bezahlt, schreibt das Unternehmen in einer gerichtlichen Eingabe im Streitfall mit Epic Games – Apple fürchtet um sein ganzes milliardenschweres App-Store-Geschäftsmodell.

Er wolle nicht in einer Branche sein, in der Apple einen dazu zwingen könne, 30 Prozent des Umsatzes abzugeben und keinen direkten Kundenkontakt mehr zu haben, erklärte Jason Fried, einer der Basecamp-Gründer und Entwickler des E-Mail-Dienstes Hey, der von Apple zuerst abgelehnt wurde, weil sich der Anbieter weigerte, IAP zu integrieren. Hätte Apple sich in dem Streit durchgesetzt und die Integration der Bezahlschnittstelle erzwungen, habe er überlegt, einfach hinzuwerfen, so Fried.

(lbe)