Elektroflugzeug fliegt von der Schweiz zur Nordsee – mit vielen Zwischenstopps

Innerhalb von drei Tagen ist eine Pipistrel Velis Elektro rund 700 Kilometer von Schänis nach Norderney geflogen.

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Elektroflugzeug fliegt von der Schweiz zur Nordsee – mit vielen Zwischenstopps

(Bild: Verein "Freunde der Elektromobilität")

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  • dpa

Nach einem Streckenflug aus der Schweiz ist ein kleines Elektroflugzeug am Mittwoch sicher auf der Nordseeinsel Norderney gelandet. Für die 700 Kilometer Luftlinie brauchte die Pipistrel Velis Elektro drei Tage. Der batteriegetriebene Zweisitzer war am Montag in Schänis im Schweizer Kanton St. Gallen gestartet und legte die Strecke mit zahlreichen Stopps zurück – alle 80 Kilometer musste er am Boden aufgeladen werden. Am Mittwoch führte die Strecke von Münster über Diepholz und Westerstede auf die Insel.

Die Organisatoren aus der Schweiz und Deutschland, darunter der Pilot Marco Buholzer und der Copilot Morell Westermann, wollten die Alltagstauglichkeit von Elektroflugzeugen vorführen. "Uns ist wichtig, möglichst energieeffizient zu fliegen", sagte Elektroingenieur und Mitveranstalter Tobias Pape, der auf Norderney lebt.

Um den Fortschritt zu zeigen, sollten mehrere Rekorde für Energiesparsamkeit, Geschwindigkeit und Flughöhe von E-Fliegern aufgestellt werden. Der Verbrauch habe dem eines E-Autos auf derselben Strecke entsprochen, sagte Projektsprecher Malik Aziz. Am Mittwoch ging es von Münster bei gutem Wetter über Diepholz und Westerstede auf die Insel.

Die Pipistrel Velis Elektro mit zwei Batterien ist im Juni für die Serienproduktion zertifiziert worden. Derzeit wird an vielen Ecken geforscht, konstruiert und erprobt, um das Fliegen als wichtiges Fortbewegungsmittel weniger klimaschädlich zu machen. Dabei spielt die Elektrofliegerei eine wichtige Rolle. Mehr als 200 Entwicklungsprojekte weltweit zählte die Beratungsfirma Roland Berger im Januar dieses Jahres. Seit 2016 seien es sprunghaft mehr geworden. Über die Hälfte der Projekte widmet sich dem städtischen Flugverkehr, also Lufttaxis, und dem Regionalverkehr.

Auch Jörg Sieber sieht die kurzen Strecken als Einsatzgebiet für die batteriegetriebene E-Fliegerei. "Da wird es einen Markt geben", sagte der Leiter des Innovationsmanagements beim Triebwerkshersteller MTU Aero Engines in München. Er erwarte aber nicht, dass Lufttaxis über Städten den Auto- und Schienenverkehr nennenswert entlasten. Ein Problem der E-Fliegerei bleibe das Gewicht der Batterien, die Energiedichte sei niedrig.

Für die Industrie stelle sich eher die Aufgabe, umweltfreundliche Antriebe für Mittelstreckenjets wie den Airbus A320 oder die Boeing 737 zu schaffen, sagte Sieber. Sie machen einen Großteil der zivilen Luftfahrt aus. MTU setze langfristig auf Flugzeuge mit Brennstoffzellenantrieb. Aber vor 2050 werde dies kaum funktionieren. Was den Flugverkehr schnell klimafreundlicher machen könnte, wäre ein Umsteuern auf nachhaltige Kraftstoffe, sagte der Experte.

Pape sieht die Fliegerei auf den Nordseeinseln als "idealtypischen Einsatzfall" für E-Flugzeuge. "Wir haben viel Flugverkehr mit kleinen Maschinen auf extrem kurzen Strecken", sagte er. Der benötigte Strom könnte auf den Inseln nachhaltig produziert werden, zum Beispiel mit Solarmodulen auf den Flughafenanlagen.

Elektro-Kleinflugzeug Pipistrel Elektro Alpha (8 Bilder)

Der Prototyp "Wattsup" wurde gemeinsam mit Siemens entwickelt.
(Bild: Pipistrel)

(anw)