Hausdurchsuchung beim Software-Händler Lizengo

Viele Händler verkaufen Microsoft-Produkt-Keys weit unter marktüblichen Preisen. Laut Konzern fehlen gültige Lizenzen. Dieser Vorwurf trifft nun auch Lizengo.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen
Hausdurchsuchung beim Software-Händler Lizengo

(Bild: Lizengo)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Holger Bleich

Der Kölner Software-Händler Lizengo steht im Fokus strafrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug. Am 18. August hat die Staatsanwaltschaft Köln Privat- und Büroräume der Geschäftsführung durchsuchen lassen. Die Staatsanwaltschaft wollte auf Anfrage die Namen der Beschuldigten mit Hinweis auf „laufende Ermittlungen“ nicht nennen. Lizengo bestätigte gegenüber c’t die Durchsuchung.

Lizengo wirbt offensiv damit, Software zu einem Bruchteil des Preises zu verkaufen, den der Hersteller selbst verlangt.

Man habe „Durchsuchungsmaßnahmen bei einem Online-Händler durchgeführt, dessen Verantwortlichen und weiteren Beschuldigten vorgeworfen wird, im Jahr 2019 in Märkten Produktschlüssel als angebliche 'Lizenzen' für Computerprogramme eines amerikanischen Softwareherstellers, der Anzeige erstattet hat, verkauft zu haben, ohne den Käufern ein tatsächliches Nutzungsrecht an den Computerprogrammen eingeräumt zu haben“, erklärte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer gegenüber c’t.

Bei der Durchsuchung seien Daten und Datenträger sichergestellt worden. Dass es sich bei dem „amerikanischen Softwarehersteller“ um Microsoft handelt, ist naheliegend, denn Microsoft hatte bereits 2019 gegenüber c’t erklärt, „rechtliche Schritte“ gegen Lizengo eingeleitet zu haben.

Über das Geschäftsmodell von Lizengo hatte c’t zuerst Mitte 2019 berichtet: Wie einige andere Lizenzhändler auch vertreibt das Unternehmen unter anderem Aktivierungsschlüssel für Microsoft-Software wie Windows oder Office weit unter den Verkaufspreisen des Herstellers. So kostet bei Lizengo beispielsweise Windows 10 Pro derzeit knapp 40 Euro, im Online-Shop von Microsoft schlägt dieselbe Version mit 259 Euro zu Buche.

Im Unterschied zu anderen Lizenzhändlern war es Lizengo allerdings gelungen, mit seinen Angeboten in den stationären Einzelhandel zu dringen. In Filialen der Edeka-Kette hingen zwischen Gutscheinkarten für Mobilfunktarife oder Netflix-Abos auch sogenannte „Lizengo-Cards“. Zum selben Preis wie im Lizengo-Online-Shop konnten Supermarktkunden diese Karten erwerben und später online gegen einen Download des Softwarepakets sowie einen Microsoft-Aktivierungsschlüssel eintauschen.

c’t hatte Microsoft bereits vor rund einem Jahr zu dieser Sachlage befragt. Der Produktidentifikationsservice des Konzerns ging daraufhin stichprobenweise der Herkunft von Aktivierungs-Keys auf den Grund, die Lizengo an Käufer aushändigte. Details zu den Prüfungsergebnissen liegen c’t seit Oktober 2019 vor. Ein Product-Key etwa habe zu einem OEM-Programm von Microsoft für das Gebiet der Volksrepublik China gehört und sei ausschließlich für den Vertrieb in China vorgesehen gewesen.

Ein anderer von Lizengo verkaufter Key habe zu einem Volumenlizenzvertrag gehört, der im Namen einer Universität in Bulgarien abgeschlossen wurde. Obwohl mit diesem Key nur eine einzige Lizenz für Office Standard 2019 eingeräumt worden sei, sei er bis zum Zeitpunkt des Verkaufs und der Übermittlung an den Kunden bereits 24 Mal zur Aktivierung von Office Standard 2016 verwendet worden. Lizengo habe diesen Key „ungeachtet der Tatsache, dass nur eine einzige Lizenz vergeben wurde“, nachweislich mindestens zweimal an unterschiedliche Empfänger übermittelt. Microsoft lieferte noch eine Reihe weiterer Beispiele.

Lizengo selbst erklärt, die vom Unternehmen gewählten Vertriebswege seien „legal und entsprechen der europäischen Rechtslage“. Man kontrolliere „regelmäßig und kompromisslos unsere weltweiten Einkaufsquellen, um zu garantieren, dass die von uns erworbenen Produkte für den Weiterverkauf innerhalb des anvisierten Wirtschaftsraums geeignet und in jeglicher Hinsicht einwandfrei sind“.

Unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug ist Lizengo auch zivilrechtlich verklagt worden, wie uns das Unternehmen mitteilte. Details zum Kläger und zur Klage erfuhren wir nicht. Lizengo erklärte lediglich: „Unsere inhaltlichen Argumente in diesem Verfahren, die den Ermittlungsbehörden bislang noch nicht bekannt sind, werden wir den Ermittlungsbehörden mitteilen.“ Microsoft wollte sich auf Anfrage nicht zu den aktuellen Geschehnissen äußern.

Zuletzt lieferte c’t im Artikelschwerpunkt „Einkaufs-Labyrinth“ eine umfangreiche Analyse zu den Vertriebswegen für neue und gebrauchte Microsoft-Produkte. Wer die Anschaffung von Windows oder Office-Produkten plant, findet dort Hinweise und Know-how, um auf der rechtlich sicheren Seite zu bleiben.

Dieser Artikel stammt aus c't 20/2020.

(hob)