Lithium aus Deutschland

Geothermiewasser vom Oberrhein birgt viel Rohstoff für E-Auto-Batterien. Mehrere Unternehmen wollen das Lithium nun fördern.

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Lithium aus Deutschland

Geothermiekraftwerk – hier in Island.

(Bild: Gretar Ivarsson / PD)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Manuel Berkel

Lithiumhydroxid ist derzeit ein Schlüsselrohstoff für die Elektromobilität. Bisher konzentriert sich fast die gesamte weltweite Lithiumproduktion auf Australien, Chile, China und Argentinien. Doch schon in wenigen Jahren könnten Lithiumsalze aus Deutschland kommen, berichtet Technology Review in seiner Oktober-Ausgabe, die ab Donnerstag am Kiosk liegt.

TR 10/2020

Liefern könnte sie der kommunale Energieversorger Pfalzwerke aus Ludwigshafen. Er betreibt das Geothermiekraftwerk Insheim und pumpt dort 165 Grad heißes Thermalwasser aus 3600 Metern Tiefe, pro Sekunde 50 bis 80 Liter. Es enthält aber nicht nur Wärme für die Turbine, sondern auch bis zu 200 Milligramm Lithiumsalzen pro Liter.

Die Pfalzwerke haben nun eine Absichtserklärung zur Lithiumgewinnung mit dem australischen Unternehmen Vulcan unterzeichnet. Im nächsten Schritt wollen die Partner in Laborversuchen ermitteln, wie sich der Rohstoff am besten aus der Thermalwasser-Sole extrahieren lässt.

In frühestens zwei Jahren könnte eine Pilotanlage in Betrieb gehen, sagt Jörg Uhde, Geschäftsführer von Pfalzwerke geofuture, das den Standort Insheim betreibt. Der Standort Insheim könne, so Vulcans Kalkulation, etwa 190 Tonnen Lithium pro Jahr gewinnen. Das ist zunächst nicht viel im Vergleich zur weltweiten Jahresproduktion 2019 von mehr als 77.000 Tonnen. Zudem liegen in Argentinien und Chile die Solevorkommen näher an der Oberfläche, und die Lithiumkonzentrationen sind mit 500 bis 4000 Milligramm pro Liter deutlich höher als am Oberrhein.

Doch mit diesen 190 Tonnen ließen sich etwa 23.000 Akkus mit je 50 Kilowattstunden bauen. Keine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, dass in Deutschland 2019 nur 63.000 E-Autos zugelassen wurden. Zudem soll Insheim nur der Anfang sein. Mit neuen Geothermie-Bohrungen in der Ortenau könne das Unternehmen zehnmal so viel Lithium wie in Insheim fördern, sagt Vulcan-Manager Horst Kreuter. Auch weitere Unternehmen haben sogenannte Aufsuchungserlaubnisse für Lithium in der Region beantragt, darunter die Deutsche Erdwärme aus Karlsruhe. Auf französischer Seite will das Unternehmen Fonroche den Rohstoff aus einem geplanten Geothermie-Kraftwerk in Vendenheim bei Straßburg fördern. Auch Energieversorger EnBW will in Bruchsal Lithium aus Geothermiewasser gewinnen, nach derzeitiger Prognose 140 Tonnen pro Jahr.

"Sole hat generell einen Kostenvorteil gegenüber australischem Lithium aus Festgestein", erklärt Geowissenschaftler Jens Grimmer vom Karlsruher Institut für Technologie. "Am Oberrhein sparen wir uns außerdem die Bohrkosten von rund zehn Millionen Euro für jeden Standort, weil diese Ausgaben für die geothermische Stromproduktion bereits erfolgt sind." Diese Kosten kommen erst bei der Entwicklung neuer Standorte zum Tragen, falls Kapazitäten ausgebaut werden sollen.

Ob der Vorteil groß genug ist, um mit dem Weltmarktpreis mitzuhalten, muss sich zeigen. Ende August notierte Lithiumcarbonat, das international als Referenz dient, an der London Metal Exchange bei 7250 Dollar pro Tonne.

(bsc)