EU-Kommission für Open Banking und strenge Regeln für Krypto-Währungen

Die EU-Kommission hat ein Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors befürwortet. Sie will einen Finanzdatenraum schaffen und die PSD2 reformieren.

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EU-Kommission für Open Banking und strenge Regeln für Krypto-Währungen

(Bild: Marian Weyo/Shutterstock.com)

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Erst seit einem Jahr greifen sämtliche Vorschriften der umstrittenen EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 zur Marktöffnung im Bankensektor, da arbeitet die EU-Kommission bereits an Folgegesetzen. Es solle "das volle Potenzial von Open Banking entwickelt" werden, betonte Valdis Dombrovskis, der als Kommissionsvizepräsident für Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen die neuen Vorhaben mit ausgearbeitet hat, seit Kurzem aber für den Handelsbereich zuständig ist.

Die Überlegungen sind Teil eines umfassenden Pakets zur Digitalisierung des Finanzsektors mit insgesamt 16 Initiativen, das die Brüsseler Regierungsinstitution am Donnerstag auf den Weg gebracht hat. Dabei geht es darum, Europas Finanzdienstleistungen verstärkt auf neue Technologien auszurichten. Vorangebracht werden sollen "verantwortungsbewusste Innovationen" sowie der Wettbewerb zwischen einschlägigen Serviceanbietern.

Neben der 2-Faktor-Authentifizierung etwa beim Online-Banking müssen Finanzinstitute mit der PSD2 schon eine einheitliche, offene Schnittstelle bereithalten, um zertifizierten Drittanbietern den Zugriff auf Kontodaten für unterschiedliche Anwendungen zu ermöglichen. Nun soll beispielsweise ein "vollständig integriertes Massenzahlungssystem in der EU" entstehen, das auch Lösungen für grenzüberschreitende Sofortzahlungen umfasst. Geldtransfers in Euro zwischen der EU und anderen Ländern würden so vereinfacht, gesamteuropäische Zahlungslösungen gefördert.

Dombrovskis räumte ein, dass die PSD2 noch nicht vollständig umgesetzt werde und es teils noch Schnittstellenprobleme zwischen B2B-Providern wie Klarna und Banken gebe. Die privaten, im Hintergrund agierenden Diensteanbieter arbeiteten teils für verschiedene Finanzinstitute mit diversen Lösungsansätzen, was zu Schwierigkeiten geführt habe. Es gehe daher derzeit noch darum, die zweite Zahlungsdiensterichtlinie zu evaluieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Mit einem Gesetzesvorschlag für die Reform sei erst im nächsten Jahr zu rechnen.

Die Kommission will mit ihrer Finanzstrategie "die Fragmentierung des digitalen Binnenmarkts verringern, damit Verbraucher über Grenzen hinweg Zugang zu Finanzprodukten erhalten und Fintech-Startups expandieren und wachsen können". Zugleich sollen die EU-Vorschriften für Finanzdienstleistungen an digitale Techniken wie Künstliche Intelligenz und Blockchain angepasst, Risiken in den Bereichen Anlegerschutz, Geldwäsche und Cyberkriminalität reduziert werden.

Parallel hat sich die Brüsseler Exekutivinstanz vorgenommen, den Datenaustausch und offene Finanzierungsmöglichkeiten ("Open Finance") voranzutreiben. In dem so geplanten "europäischen Finanzdatenraum" müssten die "sehr hohen Standards der EU" zum Schutz der Privatsphäre aber gewahrt bleiben, unterstreicht sie. Schließlich ziele die Strategie darauf ab, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Anbieter von Finanzdienstleistungen wie Banken und Tech-Firmen zu schaffen.

Finanzdaten müssten leichter zugänglich sein, betonte Dombrovskis. Sie sollten in einheitlichen und maschinenlesbaren Formaten vorliegen, um sie einfacher verarbeiten zu können. So könnten "maßgeschneiderte Finanzdienstleistungen" entstehen. Für datenhungrige Anbieter sozialer Netzwerke wie Facebook sind laut Dombrovskis im Rahmen der Strategie keine konkreten Vorgaben geplant. Die Frage, ob Informationen über europäische Nutzer überhaupt an US-Konzerne gehen dürften, weise weit über den Finanzbereich hinaus und müsse grundsätzlich behandelt werden.

Konkreter will die Kommission Kryptowährungen regulieren und hat dazu bereits Vorschläge für Rechtsvorschriften auf den Tisch gelegt. Mit einem Verordnungsentwurf soll es Emittenten und Anbietern von Kryptowerten wie Bitcoin möglich werden, mit einer Zulassung in einem Mitgliedsstaat ihre Dienste in der gesamten EU zu erbringen. Als Sicherheitsvorkehrungen sind Eigenkapitalanforderungen, die Verwahrung von Vermögenswerten, ein den Anlegern zur Verfügung stehendes obligatorisches Beschwerdeverfahren und weitere Rechte der Käufer gegenüber den Emittenten vorgesehen.

Besonders strenge Auflagen in dieser Hinsicht sowie bei der Kontrolle sollen für sogenannte Stablecoins wie das von Facebook initiierte Projekt Libra gelten, die an einen Währungskorb oder andere Vermögenswerte angekoppelt werden. Sie dürfen dem Plan nach in der EU nur ihren Betrieb aufnehmen, wenn sie alle damit verknüpften rechtlichen und regulatorischen Herausforderungen adressiert haben. Auch ein Verbot auf europäischer Ebene sieht die Kommission vor, wenn die Anbieter nicht alle diese Voraussetzungen erfüllen. Dafür hatten sich zuvor Deutschland und vier weitere große EU-Staaten stark gemacht.

Ein zweiter Verordnungsentwurf sieht ein Pilotregime für bestimmte Infrastrukturen mit Distributed-Ledger-Technologie wie Blockchain vor. Damit könnten regulatorische Ausnahmen für Krypto-Handelsplätze und Verwahrer etwa von Sicherheitstoken ermöglicht werden. Die Aufsichtsbehörden sollen zugleich in dem kontrollierten Umfeld Erfahrungen "mit Risiken in Bezug auf Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität" sammeln können.

Das Problem des teils hohen Energieverbrauchs beim Schürfen mancher Krypto-Währungen sei mit dem Paket noch nicht abgedeckt, gestand Dombrovskis ein. Es müsse im Rahmen des "Green Deal" noch berücksichtigt werden. Insgesamt solle die europäische Finanzwirtschaft eine Schlüsselrolle auch beim Klimaschutz sowie bei der neuen Industriestrategie spielen.

In dem Bündel bereits enthalten ist ein Rechtsakt zur "digitalen Betriebsstabilität". Damit will die Kommission gewährleisten, dass alle Teilnehmer am Finanzsystem die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, um Cyberangriffe und vergleichbare Risiken abzumildern. Alle Beteiligten sollen auch dafür Sorge tragen müssen, dass sie jeglicher Form von Störungen und Bedrohungen standhalten können, die mit Informations- und Kommunikationstechnologien zu tun haben. Geplant ist zudem ein spezieller Aufsichtsrahmen für Cloud-Anbieter.

(axk)