Deutsche EU-Ratspräsidentschaft treibt Vorratsdatenspeicherung voran

Deutschland wird im Ministerrat eine neue Arbeitsgruppe einsetzen, die sich mit weiteren Anläufen für eine EU-weite Überwachung von Nutzerspuren befasst.

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Deutsche EU-Ratspräsidentschaft treibt Vorratsdatenspeicherung voran

(Bild: Maksim Kabakou/Shutterstock.com)

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Die EU-Länder lassen nicht locker bei der umstrittenen anlasslosen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Deutschland, das derzeit den Vorsitz im EU-Rat innehat, kündigte nun an, eine informelle Arbeitsgruppe zu dem heißen Eisen in dem Gremium der Regierungen der Mitgliedsstaaten einzurichten. Dies sei nötig, da die bestehenden einschlägigen Ratszirkel nicht mehr existierten.

Vorratsdatenspeicherung

Die Arbeit an neuen, EU-weiten Initiativen zum verdachtsunabhängigen Protokollieren von Nutzerspuren sei aber noch nicht beendet und müsse in geordneten Bahnen fortgeführt werden, begründet die deutsche Ratspräsidentschaft ihr Vorhaben in einem als vertraulich eingestuften Schreiben an die Delegationen des Gremiums vom 17. September. Es müsse ein Forum geben, um das Thema weiter bearbeiten zu können. Regierungsvertreter hatten bis Freitag Zeit, den Vorschlag gegenüber dem Bundesjustizministerium oder dem Auswärtigen Amt zu kommentieren.

Laut dem deutschen Plan, den die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch publik gemacht hat, wird die "Working Party on Data Retention" (WPDR) zunächst für drei Jahre eingesetzt werden. Sie soll dafür sorgen, dass der Rat mit einer Stimme zur Vorratsdatenspeicherung spricht und Empfehlungen sowie Schlussfolgerungen zu gesetzgeberischen und andersgearteten einschlägigen Initiativen verabschiedet. Das Mandat schließe das Verhandeln über jegliche neuen Gesetzesvorschläge etwa der EU-Kommission mit ein.

Deutschland ist sich dabei bewusst, dass die Sache komplex ist. Die vorgesehene Plattform soll daher Experten der EU-Länder einbeziehen sowie die bestehenden europäischen und nationalen Rechtsvorschriften etwa rund um den Schutz der Privatsphäre und das Verhältnismäßigkeitsprinzip berücksichtigen. In diesem Licht müssten "harmonisierte Auflagen für Provider" geschaffen werden, "bestimmte Daten" aufzubewahren. Es gelte sicherzustellen, dass diese für die Verfolgung "schwerer Straftaten" verfügbar seien.

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Die WDPR wird dem Dokument nach eng abgestimmt mit dem Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper) zusammenarbeiten, der Ratsbeschlüsse vorbereitet. Sie werde zudem den Standpunkt des Rats für Justiz zur Vorratsspeicherung von Standort- und Verbindungsdaten insgesamt "definieren oder steuern".

Der Rat sucht schon seit Jahren nach Wegen, auf denen die Ermittler wieder im großen Stil auf Verkehrsdaten zugreifen können sollen. Dabei geht es ihm auch um Informationen zur Länge der genutzten Antennen, zur Verbindungsqualität und um Angaben zur Zahl der Klingeltöne von Nutzern. Die Mitgliedsstaaten hatten die Kommission daher vor über einem Jahr aufgefordert, in einer Studie möglicherweise verbliebene Optionen zu einer "grundrechtskonformen Vorratsdatenspeicherung" auszuloten. Ergebnisse liegen bisher nicht vor.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2014 und 2016 geurteilt, dass ein anlassloses Protokollieren von Nutzerspuren unvereinbar mit den Grundrechten der Gemeinschaft ist. Er kassierte damit auch eine frühere einschlägige Richtlinie. Am Dienstag wird der EuGH nun sein Urteil zu den verbliebenen Vorschriften in Belgien, Frankreich und Großbritannien verkünden.

EuGH-Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona empfahl den Luxemburgern Richtern im Januar, die entsprechenden nationalen Gesetze für rechtswidrig zu erklären. Die Möglichkeit, temporär, begrenzt und differenziert gewisse Datenkategorien auf Vorrat zu speichern, schloss der Spanier aber nicht aus.

(tiw)